Merkel erinnert bei Athen-Besuch an "Zumutungen" für Griechen in Eurokrise

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Erinnerungen an den Schuldenstreit während der Eurokrise haben den Abschiedsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Griechenland bestimmt. Sie sei sich der “Zumutungen” für die griechische Bevölkerung während der Eurokrise immer bewusst gewesen, sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis am Freitag in Athen. Mit Blick auf die Spannungen mit der Türkei plädierte sie für Dialog.

Die Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland seien in den vergangenen zehn Jahren “recht lebendig” gewesen, sagte Merkel. Am schwierigsten sei die Phase gewesen, in der “es um die Stabilität des Euro ging”. Ihr sei immer bewusst gewesen, “dass ich den Menschen in Griechenland sehr viel zumute”, unterstrich Merkel, die zugleich ihre umstrittene Griechenland-Politik während der Schuldenkrise verteidigte. 

“Ich glaube, dass wir damals alle sehr schockiert waren, wie anfällig der Euro war gegenüber Spekulationen von außen”, sagte Merkel. Dies habe zunächst die Länder getroffen, die eine höhere Verschuldung gehabt hätten und “die, was bestimmte Reformen anbelangt, noch nicht alles umgesetzt hatten”. Sie selbst habe sich “immer dafür eingesetzt, dass Griechenland Teil des Euro bleibt”. 

Auf ihrer Abschiedstournee durch europäische Länder gehört Griechenland für die Kanzlerin zu den schwierigeren Stationen. In Athen war Merkel in den 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft nicht immer ein gern gesehener Gast, gemeinsam mit dem damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verkörperte sie während der Schuldenkrise die für viele Griechen harte Austeritätspolitik. 

Die strikten Sparauflagen bedeuteten für viele Griechen drastische Einbußen. Bedingung für die Rettungskredite in Höhe von insgesamt 300 Milliarden Euro, die an Griechenland flossen, waren massive Kürzungen bei den Renten und Gehältern, der monatliche Mindestlohn fiel damals auf weniger als 600 Euro. 

Auch eine Reihe umstrittener Privatisierungen wurde während der Schuldenkrise in Gang gesetzt. Auf dem Höhepunkt der Krise im Jahr 2012 kam es in Griechenland zu Protesten, auf denen Merkel als Hitler-Karikatur dargestellt wurde. Auch griechische Zeitungen zogen Nazi-Vergleiche.

Bis heute ist Merkel in Griechenland eher unbeliebt. Während die CDU-Politikerin in vielen Ländern der Welt einen herausragenden Ruf genießt, ergab eine kürzlich vom Pew Research Center veröffentlichte Umfrage, dass nur 30 Prozent der Griechen Merkel vertrauen. In anderen Ländern liegt diese Rate bei 77 Prozent. 

In der Pressekonferenz mit Mitsotakis hob Merkel die Zusammenarbeit zwischen der EU und Griechenland hervor, die letztlich zur Überwindung der Schuldenkrise geführt habe. Zugleich ging Merkel auf die Herausforderungen ein, mit denen Griechenland seither konfrontiert sei. Kaum sei die schwierigste Phase im Schuldenstreit “ein bisschen abgeschlossen” gewesen, sei 2015 mit der Fluchtbewegung aus Syrien die nächste Herausforderung auf Griechenland zugekommen.

“Ich denke, das EU-Türkei-Abkommen ist ein Beispiel dafür, dass man versuchen muss zusammenarbeiten, aber auch in diesem Falle mit der Türkei zusammenzuarbeiten”, sagte Merkel. Sie sei sich der “Vielzahl an Herausforderungen” für Griechenland im Zusammenhang mit der benachbarten Türkei bewusst. Darum sei es auch in vielen ihrer Gespräche mit der griechischen Regierung gegangen. 

Die Kanzlerin warb dafür, “schwierigste Fragen im Dialog zu klären, auch wenn das leider historisch oft viel länger dauert als man sich das vorstellen könnte”. Zwischen der Türkei und der EU gebe es “gegenseitige Abhängigkeiten”, sagte Merkel unter Verweis auf die Rolle der Türkei bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge. Dennoch sei klar, dass “die allermeisten Probleme zwischen Griechenland und der Türkei auch Probleme zwischen der EU und der Türkei” seien.

Quelle: AFP

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