Bizarrer Mordprozess um Kastrationen in Sado-Maso-Szene in München begonnen

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Vor dem Landgericht München II hat am Donnerstag ein bizarrer Mordprozess um Kastrationen in der Sado-Maso-Szene begonnen. Ein Elektriker soll nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft als medizinischer Laie Männer auf deren Wunsch hin gegen Geld kastriert haben. Einer dieser Männer soll nach dem Eingriff gestorben sein, was die Anklage als Mord durch Unterlassen einstuft. Daneben werden Horst B. verschiedene schwere Körperverletzungsdelikte vorgeworfen.

Der zuletzt in Markt Schwaben lebende 66-Jährige gestand zu Prozessbeginn die Kastrationsdelikte. “Das ist richtig, ja”, sagte er auf die Frage des Vorsitzenden Richters Thomas Bott, ob er wie angeklagt Männer kastriert habe. Er habe aus finanziellen Motiven gehandelt.

Durch die Pflege und Beerdigung seiner verstorbenen dritten Frau habe er Schulden aufgebaut, die er habe tilgen wollen. B. sagte, er habe zufällig über einen Arbeitskollegen davon erfahren, dass Männer für sadistische und masochistische Sexualpraktiken viel Geld bezahlten.

Nach Überzeugung der Anklage bot B. daraufhin zunächst ab Mitte 2018 Behandlungen mit Strom und durch Schläge gegen Geld an. Er habe hier Männer und Frauen aus der SM-Szene bedient und sich bezahlen lassen.

Nach kurzer Zeit habe er dann auch in Chatgruppen mit Titeln wie “Kastration” oder “Männerkastration” massive und schwerwiegende medizinische Eingriffe angeboten, erklärte die Anklage. B. gestand, ein entsprechendes Inserat online aufgegeben zu haben. Darin habe er Operationen und Verschönerungen angeboten.

Im Juli 2018 soll B. auf dem Küchentisch seiner Wohnung einem Mann für 1200 Euro die Hoden entfernt haben. In der Folge soll er weitere Männer gegen Geld kastriert und auch laienhaft am Penis operiert haben. Insgesamt acht Männer soll er so behandelt haben.

“Es war eine gewisse Nachfrage da”, sagte B.. Er habe eine “normale OP” angeboten, während in diesen Foren andere Anbieter etwa Kastrationen mit der Heckenschere anbieten würden. Das für die Eingriffe nötige Wissen habe er sich im Wesentlichen angelesen.

“Ich habe es mir halt zugetraut, dadurch, dass ich im Internet viel gelesen habe”, sagte B. und fügte hinzu: “Man kann sich alles rausziehen – wie wird vernäht, wie man Blutungen stillt.” Außerdem habe er bei zwei Operationen im Krankenhaus zugeschaut.

Die Werkzeuge für die Eingriffe habe er zum großen Teil gesammelt und schon vor den Eingriffen zu Hause gehortet. Auch Medikamente und Betäubungsmittel habe er sich besorgt.

Im März 2020 soll ein Mann einige Tage nach dem Eingriff schwer erkrankt und schließlich gestorben sein. Der Angeklagte soll den nahenden Tod mitbekommen haben, ohne einzugreifen. Er habe damit verhindern wollen, dass die vorherigen Eingriffe auffielen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Außerdem habe er Sorge gehabt, seine Einnahmequelle zu verlieren.

Den Leichnam des Gestorbenen habe er in einem Karton versteckt und entsorgen wollen. Vorher wurde er aber im Zuge von mittlerweile gegen ihn laufenden Ermittlungen festgenommen. Anders als zu den Kastrationen wollte sich der Angeklagte zu dem Todesfall zunächst nicht direkt äußern.

Der Richter sagte, außer dem angeklagten Mord durch Unterlassen komme für diesen Fall strafrechtlich auch ein aktiver Mord in Frage. Dies würde eine schärfere Strafe bedeuten. Für den Prozess sind Termine bis Ende November angesetzt.

Quelle: AFP

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