Urteil: Lebenspartnerin hat Sonderurlaubsanspruch zu Betreuung gemeinsamen Sohns

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Eine eingetragene Lebenspartnerin hat dem Berliner Verwaltungsgericht zufolge unter Fortzahlung der Bezüge Anspruch auf Sonderurlaub zur Betreuung eines gemeinsamen Sohns. Dies teilte das Gericht am Mittwoch mit. Geklagt hatte demnach eine Beamtin des Kammergerichts der Hauptstadt.

Ihre eingetragene Lebenspartnerin gebar den Angaben zufolge den gemeinsamen Sohn mithilfe einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung und einer Samenspende. Sie erkrankte jedoch in der Folge so schwer, dass die Beamtin die Betreuung des Sohns übernehmen musste. Zu diesem Zweck beantragte sie bei ihrer Arbeitsstelle, dem Kammergericht, die Gewährung von Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge, was abgelehnt wurde.

Sie legte Widerspruch ein, den die Senatsverwaltung für Justiz mit der Begründung zurückwies, sie habe keine rechtliche Elternstellung inne. Hiergegen klagte die Beamtin vor dem Verwaltungsgericht – unter anderem mit der Begründung, in die Geburtsurkunde habe sie nicht eingetragen werden können. Das Gericht gab der Klage statt.

Die Voraussetzung zur Gewährung von Sonderurlaub sei das Vorliegen eines “besonders wichtigen Grunds”. Die Auslegung, dass die Betreuung eines Kinds nur dann einen wichtigen Grund darstelle, wenn es sich um leibliche oder angenommene Kinder handle, nicht aber um Stief- oder Pflegekinder, verstoße gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf Gleichheit sowie den Schutz der Familie, begründete das Gericht seine Entscheidung.

Die Ungleichbehandlung einer Beamtin, welche die rechtliche Elternstellung für ein in ihrem Haushalt lebendes Kind inne hat, mit einer Beamtin, welche keine rechtliche Elternstellung inne hat, sei “sachlich nicht gerechtfertigt”. Sinn und Zweck der Gewährung von Sonderurlaub im Fall der schweren Erkrankung der Betreuungsperson sei es, Beamtinnen und Beamten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.

Diesen Zweck erfülle die Gewährung von Sonderurlaub auch im Fall einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit gemeinsamem Kind. Die rechtliche Elternstellung gegenüber dem betreuungsbedürftigen Kind sei “kein sachliches Differenzierungskriterium”. Das Grundgesetz schütze die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft von Eltern und Kindern als Familie und setze nicht den Bestand rechtlicher Verwandtschaft voraus.

Damit ist dem Gericht zufolge auch die sozial-familiäre Gemeinschaft geschützt, die aus den eingetragenen Lebenspartnerinnen und dem leiblichen beziehungsweise angenommenen Kind beseht. Gegen den Beschluss ist Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.

Quelle: AFP

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