Durch Putsch entmachteter Regierungschef des Sudan wieder zuhause

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Der durch einen Militärputsch abgesetzte Regierungschef des Sudan, Abdalla Hamdok, ist nach seiner Festnahme durch die Armee wieder nach Hause gebracht worden. Hamdok sei am Dienstag zusammen mit seiner Frau in sein privates Haus zurückgekehrt, teilte das Büro des Ex-Ministerpräsidenten mit. Ob Hamdok damit wieder die Bewegungsfreiheit erlangte, blieb aber unklar. In mehreren Städten des nordostafrikanischen Landes gab es erneut Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

US-Außenminister Anthony Blinken telefonierte am Dienstag mit Hamdok. Dabei habe Blinken “die Entlassung des Ministerpräsidenten aus dem Gewahrsam begrüßt”, teilte das Außenministerium in Washington mit. Der US-Chefdiplomat appellierte demnach an die sudanesische Armee, alle nach dem Putsch festgenommenen “zivilen Anführer” freizulassen und “ihre Sicherheit zu garantieren”.

Der abgesetzte Ministerpräsident war nach dem Putsch vom Montag zunächst im Haus des obersten sudanesischen Generals, Abdel Fattah al-Burhan, festgehalten worden. Hamdok sei “bei mir zu Hause”, hatte al-Burhan am Dienstag bei einer Pressekonferenz gesagt. Der Ex-Regierungschef sei “bei guter Gesundheit”. Später teilte dann ein Armeevertreter der Nachrichtenagentur AFP mit, Hamdok sei “zurück in sein eigenes Haus im Bezirk Kafouri begleitet” worden.

Die genauen Umstände von Hamdoks Rückkehr nach Hause waren jedoch diffus – unklar war, ob er sich etwa unter einer Art Hausarrest befand. Rund um das Haus des entmachteten Regierungschefs seien “Sicherheitsmaßnahmen” ergriffen worden, sagte der Armeevertreter. Laut Hamdoks Büro befand sich dieser daheim “unter enger Überwachung”.

In der Hauptstadt Khartum und anderen sudanesischen Städten protestierten tausende Menschen am Dienstag erneut gegen die Absetzung der Regierung. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas gegen Demonstranten ein, die eine zentrale Straße in Khartum blockierten, wie Augenzeugen berichteten. Am Montag hatten die Sicherheitskräfte mit scharfer Munition auf Protestierende geschossen. Dabei wurden mindestens vier Menschen getötet und mehr als 80 weitere verletzt, wie ein Mediziner-Verband mitteilte.

Inzwischen wuchs der internationale Druck auf die neuen Machthaber. Nachdem die USA bereits am Montag Sudan-Hilfen von 700 Millionen Dollar (603 Millionen Euro) eingefroren hatten, drohte nun auch die EU mit dem Entzug von Finanzhilfen. Der Versuch, den Übergangsprozess im Sudan zu untergraben, sei “inakzeptabel”, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten. 

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) warnte die neuen Machthaber, Deutschland werde seine Unterstützung für den Sudan unter den gegenwärtigen Bedingungen “nicht fortsetzen”. Maas nannte den Putsch in einer in der Nacht zum Mittwoch veröffentlichten Erklärung eine “katastrophale Entwicklung”. Der Bundesaußenminister forderte die Wiedereinsetzung der Übergangsregierung sowie die Freilassung aller nach dem Putsch Festgenommenen. 

Der UN-Sicherheitsrat befasste sich in einer Dringlichkeitssitzung mit dem Putsch. Nach den Beratungen hinter verschlossenen Türen hieß es aus Diplomatenkreisen am UN-Hauptquartier in New York, die 15 Mitgliedstaaten des mächtigsten UN-Gremiums seien besorgt über die Lage im Sudan. Auf eine gemeinsame offizielle Erklärung zum Sudan konnte sich der Rat aber zunächst nicht einigen. 

Al-Burhan hatte am Montag im Staatsfernsehen die Übergangsregierung für aufgelöst erklärt, den Ausnahmezustand ausgerufen und die Bildung einer neuen Regierung mit “kompetenten Personen” angekündigt. Neben Hamdok wurden am Montag noch andere Regierungsmitglieder festgenommen.

Im dem nordostafrikanischen Land hatte nach dem Sturz von Machthaber Omar al-Baschir im Jahr 2019 ein sogenannter Souveräner Rat die Regierungsgeschäfte übernommen, in dem sich Militärs und Zivilisten die Macht teilten. Seitdem befand sich das Land in einer Übergangsphase, die 2023 mit der Einsetzung einer zivilen Regierung enden sollte. Eine hohe Inflation, wirtschaftliche Probleme und tiefe politische Spaltungen verschärften aber die Lage.

Quelle: AFP

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