Nach den führenden Wirtschaftsforschungsinstituten hat auch die Bundesregierung für dieses Jahr ihre Wachstumsprognose deutlich nach unten geschraubt. Wegen anhaltender Lieferengpässe und hoher Energiepreise rechnet sie für 2021 nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 2,6 Prozent, wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch ausführte. Jedoch gehe die Regierung davon aus, dass das Wachstum “nicht wegfällt”, sondern sich lediglich auf 2022 verschiebe.
Im Frühjahr war die Regierung noch von einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 3,5 Prozent ausgegangen, nun sei eine “deutliche Korrektur” nötig geworden, sagte Altmaier. Zwar befinde sich Deutschland nach der Corona-Krise “wieder auf dem Wachstumspfad”, jedoch komme es in diesem Jahr “angesichts der aktuellen Lieferengpässe und weltweit hoher Energiepreise nicht zum erhofften Schlussspurt”.
Zuvor sei es nicht möglich gewesen, über Lieferkettenprobleme zu spekulieren, “ohne sie zu kennen”, zudem sei die “Pandemie in einigen Ländern hartnäckiger” verlaufen als gedacht, sagte der scheidende Wirtschaftsminister über die korrigierte Prognose. Demnach sind im kommenden Jahr dann aber 4,1 Prozent Wachstum möglich, bis sich das Wachstum im Jahr 2023 bei 1,6 Prozent normalisieren dürfte.
Derzeit sei die konjunkturelle Lage nach wie vor zweigeteilt, führte Altmaier aus. Einerseits habe sich die Stimmung bei den Dienstleistern wegen des Impffortschritts “stark verbessert”, der private Konsum sei die “Triebfeder der wirtschaftlichen Erholung”. Anderseits leide die Industrie unter einer “historisch einmaligen Knappheit an Vorleistungsgütern”. Aufholeffekte werde es erst 2022 geben.
Altmaier verwies zudem darauf, dass ein “zweiter Pandemie-Winter” bevorstehe. Das könne erneut mit negativen Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung einhergehen. Zur Inflation, die zuletzt einen hohen Wert von 4,1 Prozent erreicht hatte, sagte er, für 2021 erwarte die Regierung insgesamt 3,0 Prozent, erst Anfang kommenden Jahres werde dieses Phänomen “an Dynamik verlieren”.
Der Industrieverband BDI erklärte, der “stotternde Wirtschaftsmotor” müsse ein “Weckruf für die Koalitionsverhandlungen” sein. “Investitionen sind jetzt das A und O.” Nötig seien schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine Verwaltungsreform, forderte der Verband.
Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), das kürzlich seine Prognose für 2021 ebenfalls auf 2,6 Prozent gesenkt hatte, verwies auf die zuletzt gestiegene Unsicherheit über das Wachstum. Es sei unklar, wie schnell sich die Lieferkettenprobleme lösen, außerdem dämpften die hohen Energiepreise den privaten Konsum.
Quelle: AFP