Auch nach einer individuellen Anpassung beim Kauf eines Treppenlifts haben Kunden ein Widerrufsrecht. Die Kunden müssen außerdem über das ihnen zustehende Widerrufsrecht informiert werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch. Dies gelte auch für Kurventreppenlifte, für die eine passende Laufschiene angefertigt und in das Treppenhaus des Kunden eingebaut werden müsse. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg begrüßte das Urteil als eine Stärkung der Verbraucherrechte. (Az. I ZR 96/20)
Der beklagte Anbieter der Treppenlifte hatte argumentiert, dass für die von ihm angebotenen Produkte mit einer Ausnahme kein Widerrufsrecht bestehe – denn es handele sich um individuell angepasste Sonderanfertigungen. Die Verbraucherschützer sahen in diesem Verhalten hingegen einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Das Landgericht und das Oberlandesgericht Köln hatten die Klage der Verbraucherzentrale zuvor abgewiesen.
Der BGH hob die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln nun auf und verurteilte den Treppenlifthersteller zur Unterlassung. Künftig müssen Kunden somit über das ihnen zustehende Widerrufsrecht informiert werden. Nach Auffassung des BGH besteht dieses Recht, weil beim Kauf eines Treppenlifts “der Einbau eines Treppenlifts als funktionsfähige Einheit” im Vordergrund stehe. Es handele sich somit um einen Werkvertrag, der ein Widerrufsrecht des Kunden nicht ausschließe.
“Mit dieser Entscheidung stärkt der Bundesgerichtshof die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern in einem Markt, in dem es regelmäßig zu Problemen kommt”, erklärte die Chefin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Cornelia Tausch. Immer wieder hätten die Verbraucherschützer mit Kunden zu tun, die beim Kauf eines Treppenlifts “über den Tisch gezogen oder überrumpelt wurden”.
Viele Verbraucher beklagten sich demnach über Planungsfehler beim Einbau, einen unzureichenden Service oder Sicherheitsmängel. Sie berichteten außerdem davon, in der eigenen Wohnung zu einem Vertragsabschluss gedrängt worden zu sein – insbesondere, wenn sie aufgrund einer plötzlichen Erkrankung auf einen Lift angewiesen waren.
Bei Verträgen, die in der eigenen Wohnung abgeschlossen wurden, gilt nach Angaben der Verbraucherzentrale künftig das 14-tägige Widerrufsrecht. Werden Kunden nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert, verlängert sich dieses auf ein volles Jahr. “Verbraucherinnen und Verbraucher, die mit der Leistung eines Treppenliftmonteurs unzufrieden sind, haben nun mittels Widerruf gute Chancen, aus dem Vertrag zu kommen”, erklärte Tausch weiter. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg will zu diesem Zweck einen Musterbrief zur Verfügung stellen.
Quelle: AFP