Zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik soll eine Frau an der Spitze des Deutschen Bundestags stehen: Die Duisburger SPD-Abgeordnete Bärbel Bas soll in der konstituierenden Sitzung am kommenden Dienstag zur neuen Bundestagspräsidentin gewählt werden. Einem entsprechenden Personalvorschlag von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stimmte am Mittwochabend der Fraktionsvorstand einstimmig zu. Im Falle ihrer Wahl durch die Abgeordneten würde Bas dem CDU-Politiker Wolfgang Schäuble nachfolgen.
Traditionell stellt die größte Fraktion im Bundestag den Präsidenten oder die Präsidentin. Bas sei “eine Sozialdemokratin mit einer großen Biografie”, sagte Mützenich. Sie verfüge über “große parlamentarische Erfahrung”. Für den Posten als Bundestags-Vizepräsidentin nominierte der SPD-Fraktionsvorstand ebenfalls einstimmig die frühere Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz.
Die 53-jährige Bas ist bislang stellvertretende Vorsitzende ihrer Fraktion. Die gelernte Personalmanagerin aus Duisburg sitzt seit 2009 im Bundestag und befasst sich vor allem mit Sozial- und Gesundheitsthemen. Mehrere Jahre lang war sie parlamentarische Geschäftsführerin ihrer Fraktion.
Özoguz ist ebenfalls seit 2009 Bundestagsabgeordnete. Von 2013 bis 2018 war die 54-jährige Hamburgerin Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.
Das gesamte Bundestagspräsidium soll am Dienstag von den Abgeordneten gewählt werden. Mützenich informierte nach eigenen Angaben die anderen Fraktionen über die Kandidatur von Bas – der Vorschlag der SPD sei “mit einem freundlichen Interesse aufgenommen worden”, sagte er.
Insbesondere sozialdemokratische Frauen, aber auch der Deutsche Frauenrat und die Soziologin Jutta Allmendinger hatten zuletzt gefordert, das Amt weiblich zu besetzen. Im Gespräch war zuvor auch Fraktionschef Mützenich selbst gewesen.
Hintergrund der Debatte war vor allem die Aussicht, dass andernfalls die fünf höchsten Staatsämter mit Männern besetzt sein könnten: Bundespräsident, Bundestagspräsident, Bundeskanzler, Bundesratspräsident und Präsident des Bundesverfassungsgerichts.
Bisher waren zwei Frauen Bundestagspräsidentinnen: die Sozialdemokratin Annemarie Renger (1972-1976) und die CDU-Politikerin Rita Süssmuth (1988-1998).
Wie viele Bundestagsvizepräsidenten und -präsidentinnen es künftig geben wird, legt der Bundestag erst in seiner konstituierenden Sitzung am Dienstag fest. Bisher steht jeder Fraktion ein Vizeposten zu. Sämtliche von der AfD aufgestellten Kandidaten und Kandidatinnen fielen bislang jedoch durch.
In der CDU haben mehrere Politiker Interesse am Amt des Bundestagsvizepräsidenten angemeldet, so dass es am Montag in der Fraktion zu einer Kampfabstimmung in dieser Frage kommen könnte. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP aus Fraktionskreisen vom Mittwoch signalisierten mindestens drei Abgeordnete intern ihr Interesse an dem Amt: Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer, Kulturstaatsministerin Monika Grütters sowie die Staatsministerin für Integration, Annette Widmann-Mauz.
Berichten zufolge will Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) im Amt bleiben. Die AfD-Fraktion schickt den Thüringer Abgeordneten Michael Kaufmann für einen Vizeposten ins Rennen, wie sie am Dienstag mitteilte. Er ist derzeit noch Abgeordneter und Vizepräsident im Thüringer Landtag.
Mützenich warnte am Mittwochabend davor, das Amt des Bundespräsidenten in die Debatte über die bevorstehenden Neubesetzungen im Zuge des Regierungswechsels einzubeziehen. Er könne “nur empfehlen, in den Gesprächen dieses Staatsamt nicht zum Gegenstand von weiteren politischen Debatten zu machen”, sagte Mützenich.
Er verwies auf die “Hochschätzung in der Bevölkerung” für den Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier, einen früheren SPD-Politiker. Steinmeier hatte bereits angekündigt, sich im kommenden Jahr für eine weitere Amtszeit bewerben zu wollen.
Quelle: AFP