Nach dem Auffliegen mutmaßlicher russischer Spione bei der Nato schließt Russland bis auf Weiteres seine ständige Vertretung bei dem Militärbündnis. Auch das Nato-Büro in Moskau werde vorerst geschlossen, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte den Schritt “mehr als bedauerlich”. Er werde “die Eiszeit” zwischen beiden Seiten “weiter verlängern”.
Moskau reagierte mit der Maßnahme darauf, dass die Nato zu Beginn des Monats acht Mitgliedern der russischen Vertretung bei der Nato wegen Spionagevorwürfen die Akkreditierung entzogen hatte. Dadurch seien die “Grundvoraussetzungen für eine gemeinsame Arbeit nicht mehr gegeben”, erklärte Lawrow. Die Schließung der Vertretungen wird nach seinen Angaben zum 1. November oder wenige Tage später wirksam.
Die Nato sei “nicht an einem Dialog und einer Arbeit auf Augenhöhe interessiert”, kritisierte Lawrow. In “Notfällen” könne die Nato über den russischen Botschafter in Belgien Kontakt aufnehmen.
“Wir sind bereit zum Dialog”, entgegnete darauf Bundesaußenminister Maas. “Wir müssen einmal mehr zur Kenntnis nehmen, dass Russland dies anscheinend nicht mehr ist.” Der Moskauer Schritt werde das Verhältnis “weiter ernsthaft belasten”, sagte er nach einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg.
Die russische Entscheidung kommt wenige Tage vor einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister am Donnerstag und Freitag in Brüssel. Dazu wird auch Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erwartet. Nato-Sprecherin Oana Lungescu erklärte, das Bündnis habe noch keine offizielle Mitteilung aus Russland erhalten.
Die Allianz hatte bereits im Jahr 2018 sieben Mitgliedern der russischen Vertretung die Akkreditierung entzogen. Der Schritt erfolgte damals als Reaktion auf den Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien, für den der Westen Russland verantwortlich machte. Die Zahl der Akkreditierungen für die russische Mission in Brüssel wurde daraufhin von 30 auf 20 reduziert. Anfang des Monats wurde sie weiter auf zehn reduziert.
Die Beziehungen zwischen Russland und den Nato-Staaten befinden sich seit der Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 in einer Abwärtsspirale. Die westlichen Staaten haben in den vergangenen Jahren eine Reihe von Sanktionen gegen Russland verhängt – unter anderem wegen der Unterstützung prorussischer Separatisten in der Ostukraine, angeblicher Wahlmanipulationen, Cyberangriffen und der Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny.
Moskau wiederum wirft dem Westen vor, sich in die russischen Wahlen einzumischen und kremlfeindliche Kräfte in Ländern wie der Ukraine und Georgien zu unterstützen, die Russland als Teil seiner traditionellen Einflusssphäre betrachtet.
Wenige Stunden vor Lawrows Ankündigung war US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Tiflis gelandet, die erste Etappe seines Besuchs bei drei Verbündeten am Schwarzen Meer. Die USA wollen bei der Reise nach Georgien, Ukraine und Rumänien eine Botschaft der Unterstützung gegen eine Bedrohung durch Russland senden.
Quelle: AFP