Bei der Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Rom hat der Mitte-links-Kandidat Roberto Gualtieri Prognosen zufolge deutlich gegen seinen rechtsgerichteten Rivalen Enrico Michetti gewonnen. Der ehemalige Wirtschaftsminister Gualtieri von der Demokratischen Partei (PD) erhielt rund 60 Prozent der Stimmen, Rechtsanwalt Michetti rund 40 Prozent, wie eine Prognose des Instituts Opinio im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders Rai am Montag ergab. In der ersten Runde hatte Michetti, der von einer Allianz rechter Parteien unterstützt wurde, noch vorne gelegen.
Für die in den nationalen Meinungsumfragen führenden rechten Parteien ist das Ergebnis ein weiterer Rückschlag. Der Allianz hinter Michetti gehören die neofaschistische Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens), die rechtsradikale Lega von Matteo Salvini und die Mitte-rechts-Partei Forza Italia des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi an. Bereits in der ersten Runde der Kommunalwahlen vor zwei Wochen schnitten die Parteien nicht gut ab. Die Bürgermeisterwahlen in Städten wie Mailand, Neapel und Bologna gingen für sie verloren.
Im Rennen um den Spitzenposten in der Ewigen Stadt wurde ein knappes Ergebnis zwischen den beiden 55-jährigen Kandidaten erwartet. Umfragen sahen jedoch Gualtieri vorne, da abzusehen war, dass viele Anhänger der ausgeschiedenen Kandidaten aus der Mitte und vom linken Rand für den ehemaligen Minister stimmen würden, darunter auch die Anhänger der abgewählten Bürgermeisterin Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung.
Der Wahlkampf war geprägt von Klagen über den Niedergang der italienischen Hauptstadt – allen voran über die Müllkrise, die Horden von Wildschweinen in die Stadt lockt. “Rom kann sich nicht damit abfinden, nur über Müll und Schlaglöcher zu reden. Rom ist eine große europäische Hauptstadt”, sagte Gualtieri auf seiner Abschlusskundgebung am Freitag.
Im Wahlkampf machten Michetti zuletzt Aussagen zu schaffen, die ihm den Vorwurf des Antisemitismus einbrachten: In einem im vergangenen Jahr veröffentlichten Artikel sprach er von einer jüdischen “Lobby”, die “in der Lage ist, über das Schicksal des Planeten zu entscheiden”. In diesem Jahr schlug Michetti zudem vor, während der Corona-Pandemie den bei Faschisten üblichen römischen Gruß mit erhobenem Arm zu verwenden, weil dieser hygienischer sei.
Außer in Rom fanden in mehr als 60 weiteren Städten Stichwahlen für das Bürgermeisteramt statt, bei denen die Wähler am Sonntag und Montag ihre Stimme abgeben konnten. Auch in Turin lag der Mitte-links-Kandidat laut ersten Prognosen in Führung und fügte dort der regierenden Fünf-Sterne-Bewegung eine Niederlage zu.
Quelle: AFP