Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch seine Verhandlung zu dem Konflikt über die Parteienfinanzierung abgeschlossen. Vor dem Zweiten Senat ging es seit Dienstag um zwei Anträge: Den ersten hatten die Fraktionen von FDP, Linkspartei und Grünen gestellt; er wendet sich gegen die Anhebung der Obergrenze der staatlichen Zuschüsse. Mit dem zweiten Antrag rügt die AfD-Fraktion, dass ihre Rechte in dem Gesetzgebungsverfahren verletzt worden seien. (Az. 2 BvF 2/18 und 2 BvE 5/18)
Die Aufstockung der staatlichen Zuschüsse war 2018 vom Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD beschlossen worden. Die absolute Obergrenze für alle Parteien zusammen wurde dabei von 165 auf 190 Millionen Euro angehoben. Nach einem früheren Urteil des Verfassungsgerichts darf die Obergrenze nur erhöht werden, wenn sich die Verhältnisse einschneidend geändert haben.
Union und SPD sahen eine solche einschneidende Veränderung in der Digitalisierung des Politikbetriebs gegeben. Vor Gericht argumentierten sie damit, dass diese neue Kosten mit sich bringe. CDU-Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig erklärte, dass neben E-Mails und sozialen Netzwerken auch weiterhin Broschüren, Plakate und Fernsehspots gebraucht würden, um die ganze Bevölkerung zu erreichen. CSU-Generalsekretär Markus Blume sprach von einem “brutalen Strukturwandel von Öffentlichkeit”. SPD-Geschäftsführerin Jessika Wischmeier führte zudem die Kosten für Datensicherheit an.
Ähnlich hatte die große Koalition schon 2018 argumentiert, was den Abgeordneten von FDP, Linken und Grünen als Begründung aber nicht genügte. Der Generalbevollmächtigte der FDP, Walter Eschweiler, sagte in Karlsruhe, dass die Anforderungen der Digitalisierung zwar Geld kosteten, dem aber zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung 2018 durch besseres Wirtschaften hätte begegnet werden können.
Auch Linken-Schatzmeister Harald Wolf erläuterte dem Gericht die Kosten der Digitalisierung – der Antrag der drei Fraktionen sei aber dennoch richtig, da die Gesetzesänderung nicht ausreichend begründet sei, sagte er. FDP, Linke und Grüne sehen in der Neuregelung außerdem einen Verstoß gegen den Grundsatz der Staatsfreiheit von Parteien und bemängeln, dass das Parlament praktisch in eigener Sache entschied, da Abgeordnete gleichzeitig Parteimitglieder sind.
Ihre Bevollmächtigte Sophie Schönberger warnte am Mittwoch unter anderem vor dem schlechten Eindruck, der bei Bürgerinnen und Bürgern entstehen könne: Voraussetzung für das Vertrauen in die demokratischen Institutionen und Parteien sei, dass “die Parteienfinanzierung nicht als Selbstbedienungsmechanismus funktioniert”.
Die nach Karlsruhe gezogenen Abgeordneten handelten “im Grunde gegen die finanziellen Wünsche der eigenen Partei”, betonte sie; “in der ein oder anderen Parteizentrale” seien möglicherweise nicht alle glücklich über den Antrag an das Gericht gewesen.
Der Bevollmächtigte des Bundestags, Joachim Wieland, war vom Gegenteil überzeugt: Wenn es für die Aufstockung ohnehin eine Mehrheit gebe und das Geld fließe, sei es für eine Oppositionspartei vielmehr von Vorteil, sich dagegen zu stellen, sagte er. Wenn die Partei sich dagegen der Mehrheit anschließe, könne sie damit keine neuen Wähler gewinnen. Auch habe das Parlament nicht in eigener Sache entschieden. Es werde “politisch gestritten” wie auf anderen Politikfeldern auch, sagte Wieland.
Über den Antrag der AfD-Fraktion war bereits am Dienstag verhandelt worden. Sie bemängelt, dass das Gesetz außergewöhnlich schnell durchgebracht worden sei. Dadurch seien ihre Rechte verletzt worden, da sie nicht genügend Zeit gehabt habe, sich vorzubereiten. Eine Entscheidung über die beiden Anträge wird erst in einigen Monaten erwartet.
Quelle: AFP