Schulze fordert Trendumkehr beim Artenschutz

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Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat zum Auftakt der UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt in China eine Trendwende und nachprüfbare Ziele beim Artenschutz gefordert. “Die Weltnaturkonferenz ist die Chance für einen Neustart”, sagte die Ministerin am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin. “Nach Jahrzehnten der Naturzerstörung müssen wir den Trend umkehren und ein Jahrzehnt der Renaturierung einleiten.” 

Schulze betonte den dringenden Handlungsbedarf: “Wir befinden uns inmitten des größten Massenaussterbens seit dem Verschwinden der Dinosaurier.” Im Schnitt verschwinde alle zehn Minuten eine Art. Dabei seien auch in Deutschland Tiere wie Feldhase, Luchs und Gartenschläfer gefährdet. 

Der Verlust an biologischer Vielfalt habe längst auch “wirtschaftlich gravierende Folgen”, warnte die Ministerin. So seien etwa fruchtbare Böden auf Kleinstlebewesen angewiesen, Pflanzen auf Bestäuber. Die Medizin benötige Heilpflanzen, die Fischerei Fische.

Die Welt-Biodiversitätskonferenz startete am Montag im chinesischen Kunming. Der politische Teil der Konferenz wird größtenteils virtuell abgehalten. Bei einem Präsenz-Gipfel im kommenden Jahr soll dann ein globales Artenschutzabkommen mit Zielen bis 2030 vereinbart werden – ähnlich wie das Klimaschutzabkommen von Paris 2015.

Einem bisherigen Entwurf zufolge sollen sich die Länder dazu verpflichten, bis 2050 “im Einklang mit der Natur zu leben”. Dafür werden 21 “Ziele für dringende Maßnahmen” formuliert. Außerdem sollen die Ausgaben für den Artenschutz innerhalb eines Jahrzehnts auf umgerechnet 173 Milliarden Euro jährlich steigen. 

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte die Industrieländer auf, ihre Mittel zum Erhalt der Biodiversität in Entwicklungs- und Schwellenländern zu verdoppeln. Als deutschen Beitrag für die kommende Legislaturperiode schlug er eine Milliarde Euro jährlich vor. 

Schulze nannte für die Verhandlungen auf der UN-Konferenz drei Prioritäten: “30 Prozent der Fläche an Land und im Meer sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden”, sagte Schulze. Zudem müsse die Naturverschmutzung insgesamt zurückgehen. So müssten etwa konkrete Reduktionsziele für Überdüngung, Pestizide oder Plastikmüll festgelegt werden. 

Und schließlich müsse “ein Jahrzehnt der Wiederherstellung der Natur” eingeläutet werden, erklärte die Ministerin. Dafür müssten auch in Deutschland zerstörte Ökosysteme wie begradigte Flüsse und trockengelegte Moore wiederhergestellt werden. 

Die Weltgemeinschaft habe sich bereits vor zehn Jahren ehrgeizige Biodiversitätsziele gesetzt, sagte Schulze. “Aber die Bilanz ist veheerend. Nicht eines dieser Ziele wurde vollständig erreicht.” Deshalb sei künftig eine “wirksame Erfolgskontrolle” notwendig. Diese fehle bislang noch weitgehend in den Entwürfen für die UN-Konferenz. 

Die größten Bremser beim Artenschutz sind nach Angaben von Christiane Paulus, Abteilungsleiterin Naturschutz im Bundesumweltministerium, Brasilien und Argentinien. Allerdings betonte Schulze, dass auch hierzulande gehandelt werden müsse. Deutschland müsse seine Biodiversitätsstrategie überarbeiten und seine Landwirtschaftspolitik ändern.

Der Entwurf für das Abkommen sieht auch vor, dass Subventionen für umweltschädliche Industrien um “mindestens 500 Milliarden Dollar pro Jahr” sinken sollen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte, dass diese umweltschädlichen Subventionen nur teilweise abgeschafft werden sollen. In Deutschland umfassen sie laut BUND 67 Milliarden Euro pro Jahr. 

Johannes Vogel, Generaldirektor des Museums für Naturkunde in Berlin, mahnte Eile an: “Wir können es uns nicht noch einmal erlauben wie beim Klimawandel, dass es 30, 40 Jahre braucht, bis es von einer wissenschaftlichen Erkenntnis zu den ersten richtigen Ansätzen politischen Handelns kommt.”

Auch Greenpeace sieht jetzt den Zeitpunkt zum Handeln gekommen. “Eine bessere Chance, unsere natürliche Lebensgrundlage zu retten, wird es nicht mehr geben”, erklärte Greenpeace-Experte Thilo Maack. “Hehre Worte und hohle Ziele reichen nicht aus.”

Quelle: AFP

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