Der Sozialverband VdK hat mit Blick auf die Sondierungsgespräche in Berlin Fortschritte bei der Armutsbekämpfung gefordert. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte der “Neuen Osnabrücker Zeitung” vom Samstag: “Die künftigen Koalitionäre müssen den Menschen klar sagen, wohin es geht. Stillhalteabkommen oder wachsweiche Kompromisse darf es nicht geben.” Unter anderem forderte sie mehr Geld für Arbeitslose sowie Reformen bei der Rente und der Pflegeversicherung.
“Es kann nicht sein, dass die Hartz-IV-Regelsätze zum 1. Januar 2022 nur um drei Euro steigen, während wir gleichzeitig vier Prozent Inflation haben”, sagte Bentele der Zeitung. Am besten wäre es demnach, wenn die Regelsätze ganz neu berechnet würden. “Da hilft nur eine neue Berechnung auf Basis der aktuellen Preise für Mobilität, für Teilhabe am Leben, für das Heizen und anderes mehr”, sagte sie. “Damit könnten wir auch Neiddebatten beenden.”
Mit Blick auf den Klimaschutz drängte die VdK-Präsidentin auf Entlastungen für Geringverdiener. Sie forderte demnach, den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen, die Preise zu senken und so das Angebot zu verbessern. “Die Menschen brauchen Wahlfreiheit und einen Anreiz, ihr eigenes Auto stehen zu lassen”, sagte sie. Auch die Senkung von Verbrauchssteuern wie der Mehrwertsteuer wäre eine “wirksame” Maßnahme – “gerade für Menschen mit wenig Geld”.
Der Sozialverband fordert zudem eine Erwerbstätigenrente, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen. “Das würde erst einmal den finanziellen Spielraum erweitern”, sagte Bentele. Sie warnte davor, die gesetzliche Rentenversicherung durch eine Aktienrente zu ergänzen, wie sie der FDP vorschwebt. “Es darf nicht sein, dass ein Teil der regulären Rentenbeiträge in einen Aktienfonds fließt, schon allein deswegen, weil Aktien starken Schwankungen unterliegen.” Wer Geld habe, könne gerne in solche Produkte investieren. “Aber wir wollen nicht, dass das Rentenniveau unberechenbar wird”, sagte sie.
Zur Verbesserung der Situation in der Pflege forderte Bentele unter anderem die Einführung einer Pflegevollversicherung nach dem Vorbild der Krankenversicherung. Zur Finanzierung plädierte sie für eine Zusammenlegung der gesetzlichen und der privaten Pflegeversicherung, die fast 40 Milliarden Euro Rücklagen hätten. “Aber natürlich kann man auch höhere Beiträge nicht ausschließen. Denn in den kommenden Jahren werden wir nicht nur mehr Rentner, sondern auch immer mehr Pflegebedürftige bekommen”, sagte sie.
Quelle: AFP