Im Konflikt um eine Aussetzung der Schuldenobergrenze in den USA haben die oppositionellen Republikaner eine Übergangslösung bis Dezember vorgeschlagen. Der konservative Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, erklärte am Mittwoch, seine Partei werde eine Anhebung des Schuldendeckels für die laufenden Ausgaben bis Dezember zulassen. Das Weiße Haus reagierte verhalten und drang auf eine endgültige Beilegung des Streits, um eine Finanzkrise abzuwenden.
Eine Anhebung der Schuldenobergrenze bis Dezember würde den Demokraten von Präsident Joe Biden Zeit geben, eine längerfristige Lösung zu suchen, erklärte McConnell. Diese könnten die Demokraten dann mit ihrer eigenen parlamentarischen Mehrheit verabschieden. Dieses Vorgehen schütze “das amerikanische Volk vor einer kurzfristigen, von den Demokraten geschaffenen Krise”, sagte McConnell.
Das Zugeständnis der Republikaner erfolgte kurz nachdem Biden, US-Finanzministerin Janet Yellen und einige einflussreiche Firmenchefs bei einem runden Tisch vor einem “katastrophalen” Zahlungsausfall der USA gewarnt hatten. Yellen sagte bei der im Fernsehen übertragenen Veranstaltung, bei einer Zahlungsunfähigkeit der USA sei eine Rezession “wahrscheinlich”. Wegen der Vorreiterrolle der USA drohen auch weltweite wirtschaftliche Turbulenzen.
McConnells Angebot geht der US-Regierung nicht weit genug. “Warum eine weitere Schicht der Unsicherheit schaffen?”, fragte Bidens Sprecherin Jen Psaki. Der Schuldenstreit könne auch sofort beigelegt werden. “Darauf werden wir weiter dringen und das ist unsere erste Wahl”, betonte Psaki.
Die USA steuern derzeit auf eine Zahlungsunfähigkeit zu. Sollte die Schuldenobergrenze nicht ausgesetzt werden, könnte das Land um den 18. Oktober erstmals in seiner Geschichte nicht mehr in der Lage sein, seine Schulden zu begleichen. Die Biden-Regierung warnt, das könnte eine “wirtschaftliche Katastrophe” und “historische Finanzkrise” auslösen. Die Demokraten wollen die Schuldenobergrenze deswegen bis Dezember 2022 aussetzen.
Während das Schuldenlimit in den vergangenen Jahrzehnten unter Präsidenten beider Parteien dutzende Male ausgesetzt oder angehoben wurde, stellen sich die Republikaner jetzt quer. Die Partei von Ex-Präsident Donald Trump blockiert mit ihrer Sperrminorität im Senat eine Aussetzung der Schuldenobergrenze über den normalen Gesetzesweg.
Die Demokraten könnten dies zwar über einen als “Reconciliation” bekannten Sonderweg umgehen; sie bezeichnen dieses Verfahren aber als zu zeitaufwändig und riskant. Außerdem wollen sie die Republikaner nicht aus der Verantwortung für einen gemeinsamen Umgang mit der Schuldenlast des Landes entlassen, zumal die Schulden auch auf Trumps Amtszeit zurückgehen.
Die Demokraten werfen den Republikanern vor, mit ihrer Blockade Bidens politische Agenda verhindern und vor der Kongresswahl kommendes Jahr Chaos stiften zu wollen. Biden hielt den Republikanern vor, “russisches Roulette mit der US-Wirtschaft zu spielen”.
McConnell sprach dagegen am Mittwoch auch mit Blick auf Bidens Pläne für billionenschwere Infrastruktur- und Sozialpakete von einer von den Demokraten “selbstgeschaffenen Schuldenlimit-Krise”. Die Demokraten hätten zweieinhalb Monate Zeit gehabt, das Schuldenproblem über den Sonderweg der “Reconciliation” zu lösen.
Die Demokraten verfügen im Senat nur über eine hauchdünne Mehrheit: Sie stellen wie die Republikaner 50 Senatoren, in Pattsituationen gibt aber Vizepräsidentin Kamala Harris in ihrer Funktion als Senatspräsidentin mit ihrer Stimme den Ausschlag.
Während in der Kongresskammer für die Verabschiedung von Gesetzestexten eine einfache Mehrheit ausreicht, ist zuvor eine Mehrheit von mindestens 60 Senatoren notwendig, um die Debatte über die Vorlage abzuschließen. Die Demokraten brauchen dafür die Stimmen von mindestens zehn Republikanern – oder müssen den auf Haushaltsfragen beschränkten Sonderweg der “Reconciliation” einschlagen.
Quelle: AFP