Nach fast zweieinhalbjähriger Vakanz soll der erfahrene Diplomat Staffan de Mistura neuer UN-Gesandter für den Westsahara-Konflikt werden. Die Nominierung des 74-Jährigen mit italienischer und schwedischer Staatsbürgerschaft durch UN-Generalsekretär António Guterres sei ein “positives Signal”, erklärte UN-Sprecher Stéphane Dujarric. De Mistura solle am 1. November den Posten übernehmen, der seit dem Rücktritt des früheren deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler im Mai 2019 vakant war.
Eine Neubesetzung scheiterte bislang daran, dass sowohl Marokko als auch die in der Westsahara aktive Unabhängigkeitsbewegung Polisario-Front von der UNO präsentierte Kandidaten immer wieder ablehnten. Auch de Mistura als 13. Vorschlag traf im Mai zunächst auf Marokkos Ablehnung. Nach Diplomatenangaben gab Rabat auf Druck der USA aber schließlich nach.
US-Außenminister Antony Blinken begrüßte de Misturas Nominierung zum Westsahara-Beauftragten. “Wir werden seine Bemühungen, eine friedliche und gedeihliche Zukunft für die Menschen in der Westsahara und der Region zu fördern, aktiv unterstützen”, erklärte Blinken.
Die USA hatten unter dem früheren Präsidenten Donald Trump Marokkos Herrschaft über die Westsahara anerkannt. In der Folge nahm Marokko diplomatische Beziehungen zu Israel auf.
Nach Einschätzung eines UN-Diplomaten wollen sich die USA unter ihrem neuen Präsidenten Joe Biden nicht eindeutig in dem Konflikt positionieren. “Sie können Trumps Entscheidung nicht aufheben, ohne die Beziehungen zu verändern, die im Gegenzug zwischen Marokko und Israel aufgenommen wurden”, sagte der Diplomat. Bidens Regierung könne Trumps Entscheidung aber auch nicht bestätigen, “weil sie damit gegen UN-Resolutionen verstoßen würden”.
De Mistura soll seine Aufgabe von Brüssel aus ausüben, wo er bereits lebt. Der 74-Jährige verfügt über mehr als 40 Jahre Erfahrung als Diplomat und spricht außer Englisch, Italienisch und Schwedisch auch Deutsch und Französisch. Von 2014 bis 2018 war er UN-Sondergesandter für das Bürgerkriegsland Syrien. Zuvor war er UN-Vertreter im Irak und in Afghanistan.
Kommende Woche will der UN-Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen über die UN-Friedensmission in der Westsahara (Minurso) beraten. Am 27. Oktober soll sie verlängert werden, voraussichtlich um ein Jahr.
Während Marokko die ölreiche Westsahara als Teil seines Staatsgebiets betrachtet, setzt sich die Polisario-Front als Vertreterin der Sahraui-Bevölkerung mit Unterstützung Algeriens für eine Unabhängigkeit ein. Von 1975 bis 1991 führte die Polisario einen Krieg mit Marokko, bis von der UNO ein Waffenstillstand vermittelt wurde. Der Konflikt ist aber weiter nicht beigelegt.
Quelle: AFP