Knapp eine Woche vor der Bundestagswahl haben sich die Parteien für den Schlussspurt in Stellung gebracht. Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) machte am Montag deutlich, dass er sich eine Regierung mit dem Kanzler der zweitstärksten Partei vorstellen kann. SPD und Grüne betonten ihre Gemeinsamkeiten, verwiesen aber auch auf Unterschiede. Die Linke bekräftigte ihre Bereitschaft zu einem Bündnis mit SPD und Grünen.
Laschet sagte in Berlin: “Selbst wenn die SPD auf Platz zwei liegen sollte, ist sie in der Lage, ein rot-rot-grünes Bündnis zu bilden – je nachdem, was das Wahlergebnis ergibt.” Er fügte hinzu: “Wir tun alles, um auf Platz eins zu sein, damit ein solches Bündnis nicht zustande kommt.”
Auf die Frage, ob er selbst eine Regierungsbildung versuchen würde, wenn seine Union bei der Bundestagswahl nur zweitstärkste Kraft wird, entgegnete Laschet: “Bundeskanzler wird, wer am Ende eine Mehrheit im Deutschen Bundestag hat.”
Laschet verwies auch auf das TV-“Triell” vom Vorabend mit SPD-Kandidat Olaf Scholz und Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock. Die Debatte habe gezeigt, wie nahe sich Rot und Grün seien: An die FDP appellierte er, die Hürden für eine Koalition mit der Union nicht zu hoch zu legen. “Sonst bleibt nur Rot-Rot-Grün”, sagte Laschet.
CSU-Chef Markus Söder hat für die Union den Sieg über die SPD zum Ziel bei der Bundestagswahl erklärt. Nur wenn die Union vor der SPD liege, bestehe die Chance, am Ende zu gewinnen, sagte er in Berlin.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte in Berlin, mit den Grünen gebe es “in vielen wichtigen Punkten Übereinstimmung”. Er verwies dabei auf den Klimaschutz oder Investitionen in die Digitalisierung. Er macht zugleich deutlich, dass es mit FDP oder Linken als drittem Partner in einer Regierung schwierig werden könnte. Er halte die Frage einer gerechten Besteuerung für sehr wichtig. Die steuerpolitischen Vorstellungen der Liberalen gelten als große Hürde für eine Ampelkoalition.
Zu den Linken sagte Walter-Borjans, was diese Partei an gute Themen in ihrem Programm habe, vertrete die SPD in einer Art, die “machbar und realistisch” sei. Andere Themen der Linken wiederum stießen auf große Ablehnung in der Bevölkerung. Mit Blick auf die guten Umfragewerte der SPD sagte Walter-Borjans: “Ich habe immer gesagt, es ist kein Selbstläufer. Wir müssen jeden Tag Überzeugungsarbeit leisten.”
Die SPD ist in allen Erhebungen derzeit stärkste Kraft, allerdings hat sich der Abstand zur Union zuletzt teilweise verringert. Den Umfragen zufolge wären neben einer erneuten großen Koalition unter SPD-Führung eine Ampel-Koalition, Rot-Grün-Rot und auch ein Unions-geführtes Jamaika-Bündnis möglich.
Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte in Berlin, es gebe “größere programmatische Überschneidungen” zwischen seiner Partei und der SPD – etwa bei Fragen sozialer Gerechtigkeit oder dem Mindestlohn. Es gebe aber “auch große Unterschiede” zur SPD – zum Beispiel, wenn es “um echten Klimaschutz” gehe. Da höre er wenig von der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz.
“Die Linke ist das Team Politikwechsel, wir wollen kein Weiter so”, sagte Spitzenkandidat Dietmar Bartsch in Berlin. Wenn SPD und Grüne ihre Wahlversprechen einhalten wollten, sei das mit Union und FDP nicht möglich, sagte der Linken-Fraktionschef im Bundestag. Auch Ko-Spitzenkandidatin Janine Wissler sagte, mit SPD und Grünen gebe es eine gemeinsame Grundlage.
Quelle: AFP