Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat wegen der chaotischen Rückholaktion für frühere Ortskräfte aus Afghanistan an Rücktritt gedacht. Sie habe sich mit ihrem frühen Engagement für die Ortskräfte in der Regierung nicht durchgesetzt, sagte Kramp-Karrenbauer der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Samstagsausgabe).
“Die Frage ist, welche Ableitung treffe ich daraus: Die eine ist, ich ziehe mich aus dem Amt zurück. Die andere ist, ich kämpfe, jetzt im Wahlkampf und hoffentlich auch danach, dass eine solche Situation nicht mehr eintritt und dass wir beim nächsten Mal handlungsfähiger sind.” Sie habe sich für die zweite Variante entschieden.
Der zunächst verschobene Abschlussappell und der Große Zapfenstreich zum Ende des Afghanistan-Einsatzes sind laut Kramp-Karrenbauer nun für den 13. Oktober geplant. Noch davor solle die Aufarbeitung des Einsatzes beginnen.
Als Konsequenz aus den Erfahrungen in Afghanistan will Kramp-Karrenbauer ein militärisch unabhängigeres Europa. Sie wolle ihren EU-Kollegen und -Kolleginnen bis Ende Oktober einen Vorschlag für eine Eingreiftruppe der Europäer vorlegen, sagte sie der Zeitung.
“Das heißt nicht, dass wir uns von den Amerikanern trennen sollten”, erläuterte die Ministerin. “Aber es kann Situationen geben, in denen wir eine andere Interessenlage haben, auch innerhalb der Nato. Dann müssen wir aus eigener Kraft handlungsfähiger werden.”
Nach dem von den USA eingeleiteten Rückzug der Nato-Truppen hatten die radikalislamischen Taliban Mitte August überraschend schnell die Macht in Afghanistan übernommen. Anschließend flogen die USA und ihre Verbündeten nach Nato-Angaben mehr als 120.000 Menschen über eine militärische Luftbrücke aus Afghanistan aus. Allerdings mussten zahlreiche ausreisewillige Menschen im Land zurückgelassen werden.
Quelle: AFP