Im Missbrauchsskandal um Prinz Andrew hat ein britisches Gericht dem Antrag des mutmaßlichen Missbrauchsopfers stattgegeben, den Herzog von York offiziell über eine in den USA laufende Klage gegen ihn zu unterrichten. Das Gericht habe “den Antrag auf Zustellung nach dem Haager Zustellungsabkommen angenommen”, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA am Mittwoch. Das mutmaßliche Opfer, Virginia Giuffre, hatte Prinz Andrew Anfang August verklagt.
Sie wirft ihm vor, sie vor mehr als 20 Jahren als Minderjährige mehrfach sexuell missbraucht zu haben. Die heute 38-Jährige gibt an, von dem Sexualstraftäter Jeffrey Epstein an Prinz Andrew für den sexuellen Missbrauch “ausgeliehen” worden zu sein, und verlangt Schadenersatz.
Der Herzog von York hat jedoch die Zuständigkeit des New Yorker Gerichts in Frage gestellt. Er ficht außerdem die Art und Weise an, wie ihm die Klageschrift überreicht worden sein soll.
Die Klageschrift war dem zweitältesten Sohn von Königin Elizabeth II. laut kürzlich veröffentlichten Gerichtsdokumenten am 27. August übergeben worden – allerdings nicht persönlich. Giuffres Vertreter erklärte demnach eidesstattlich, dass er das Dokument einem Polizisten am Eingang der Residenz des Prinzen im englischen Windsor übergeben habe.
Das Hohe Gericht in London hatte den Antrag von Guiffres Anwälten, Prinz Andrew zu kontakieren, zuerst abgelehnt. Nach der Vorlage “weiterer Informationen” sei dem Gesuch nun stattgegeben worden. Das Gericht werde nun im Sinne des Haager Zustellungsabkommens tätig, das es Ländern erlaubt, Beweise in Zivil- und Handelsangelegenheiten einzufordern.
Die Zustellung der Prozessdokumente könnte nun noch “durch eine Vereinbarung zwischen den Parteien” aufgehalten werden, meldete die PA.
Am Montag stand die erste Anhörung in dem Zivilverfahren in New York an. Prinz Andrew ließ sich dabei durch den kalifornischen Anwalt Andrew Brettler vertreten.
Giuffre wirft Andrew vor, sie im Haus von Epsteins damaliger Freundin Ghislaine Maxwell in London missbraucht zu haben. Die damals 17-Jährige wurde laut ihrer Klageschrift von Epstein, Maxwell und Prinz Andrew “gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr mit Prinz Andrew gezwungen”. Außer in London habe der Prinz sie auch in Epsteins Haus in New York und auf Epsteins Privatinsel in der Karibik missbraucht.
Die Vorwürfe gegen Prinz Andrew stehen schon seit 2019 im Raum. Er wies die Anschuldigungen stets zurück und erklärte, sich nicht an ein Treffen mit Giuffre erinnern zu können. Doch trat Prinz Andrew nach einem verunglückten TV-Interview 2019 von seinen royalen Pflichten zurück. Der ehemalige Hubschrauberpilot und Kriegsveteran ist geschieden und hat zwei Kinder.
Der Multimillionär Epstein soll jahrelang minderjährige Mädchen und junge Frauen sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet haben. Der bestens vernetzte und bereits wegen Sexualverbrechen verurteilte Investmentbanker wurde nach seiner neuerlichen Festnahme 2019 tot in seiner Gefängniszelle in Manhattan aufgefunden. Nach offiziellen Angaben nahm er sich das Leben.
Epstein hatte Kontakte zu zahlreichen Politikern und Prominenten, darunter auch zu den früheren US-Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump sowie zu Microsoft-Gründer Bill Gates. Epsteins ehemalige Freundin Maxwell plädierte bei einer gerichtlichen Anhörung in New York im April auf unschuldig. Ihr wird vorgeworfen, Minderjährige für Epstein rekrutiert zu haben. Der Gerichtsprozess ist für Ende November angesetzt.
Quelle: AFP