Auf das Fernseh-“Triell” der Kanzlerkandidaten ist am Montagabend ein Vierkampf der kleineren Parteien gefolgt: Beim TV-Schlagabtausch präsentierten die Spitzenkandidaten von FDP, AfD, Linken und CSU in der ARD ein breites Spektrum an politischen Vorstellungen zur Zukunft des Landes – mit zum Teil großen Unterschieden etwa in der Außen-, Renten- und Klimapolitik. Eine wichtige Rolle spielte die Frage der künftigen Regierungskoalition.
Ohne Mitwirkung kleiner Parteien kann nach der Wahl voraussichtlich keine Regierung gebildet werden. FDP-Chef Christian Lindner, Linken-Vorsitzende Janine Wissler und CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt machten in der TV-Debatte ihr Interesse an einer Regierungsbeteiligung deutlich – anders als AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel, mit deren Partei keine andere politische Kraft koalieren will.
Völlig offen ist weniger als zwei Wochen vor der Wahl die Frage: Wer mit wem? FDP-Chef Lindner bekräftigte seine Vorbehalte gegenüber einer Ampel-Koalition mit SPD und Grünen: Seine Partei stehe “für eine Linksverschiebung der Politik nicht zu Verfügung”.
Dobrindt sagte, er habe für eine “Deutschland-Koalition” mit SPD und FDP “allein deswegen schon Sympathie, weil sie ohne Beteiligung der Grünen auskommt”. Auf die Frage, ob die Union ein solches Bündnis auch unter SPD-Führung eingehen werde, sagte er: “Wir werben dafür, dass wir stärker werden.”
Linken-Spitzenkandidatin Wissler bekräftigte das Interesse ihrer Partei an einer rot-grün-roten Koalition. Wenn es am 26. September eine rechnerische Mehrheit für Rot-Grün-Rot gebe, “sollen wir über einen Politikwechsel reden”.
In der Außenpolitik wurden tiefe Differenzen deutlich – die auch eine hohe Hürde für eine Regierungsbeteiligung der Linken darstellen dürften. Die Spitzenkandidatinnen von Linkspartei und AfD, Wissler und Weidel, sprachen sich für eine Annäherung an Russland aus. Wissler forderte zudem eine Abschaffung der Nato, Weidel einen Austritt aus dem Euro. Lindner und Dobrindt kritisierten diese Positionen – Dobrindt bezeichnete sie als “sehr radikal”.
Unterschiede wurden auch in der Klimapolitik deutlich. Lindner und Dobrindt forderten, die angestrebte Klimawende vor allem durch technologische Innovation voranzutreiben. “Wir sind eine Nation von Ingenieurinnen und Technikern”, sagte Lindner. “Wenn wir aus Deutschland ein Bullerbü machen, wird uns niemand auf der Welt folgen.”
Wissler forderte eine soziale Ausgestaltung der Klimawende: “Wir dürfen nicht die belasten, die ohnehin schon wenig haben.” AfD-Kandidatin Weidel zog den Kurs in der Klimapolitik generell in Zweifel: “Wir können kein Industrieland mit Ökostrom führen.”
In der Steuerpolitik stellte sich Linken-Kandidatin Wissler mit ihrer Forderung nach einer stärkeren Belastung von Besserverdienenden gegen FDP, AfD und CSU, die sich gegen Steuererhöhungen aussprachen. “Wir brauchen Umverteilung von oben nach unten”, sagte Wissler und verwies auf nötige Investitionen in Klimaschutz, Bildung, Gesundheit und Pflege.
Der CSU-Politiker Dobrindt betonte, seine Partei und die CDU seien “gemeinsam im Team Entlastungen”. Wirtschaftliche Dynamik werde nicht mit Steuererhöhungen erreicht. Lindner bekräftigte die FDP-Forderung nach Entlastungen – betonte aber, diese müssten nicht sofort innerhalb eines Jahres umgesetzt werden.
In der Diskussion über die Rentenpolitik sprach sich Linken-Spitzenkandidatin Wissler als einzige der Anwesenden für eine generelle Senkung des Renteneintrittsalters aus. Dieses müsse wieder auf 65 Jahre sinken, zugleich müsse das Rentenniveau wieder steigen.
Weidel und Lindner plädierten für einen Ausbau der privaten Altersvorsorge – diese Beiträge müssten durch einen Fonds unter staatlicher Aufsicht gewinnbringend angelegt werden. CSU-Kandidat Dobrindt bekräftigte die Forderung seiner Partei nach einem Ausbau der Mütterrente – dem Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) kurz zuvor wegen der Kosten eine Absage erteilt hatte.
Quelle: AFP