Eine der wichtigsten Symbolfiguren der Protestbewegung in Belarus ist zu elf Jahren Haft verurteilt worden: Die prominente Regierungskritikerin Maria Kolesnikowa wurde am Montag zusammen mit Oppositionsanwalt Maxim Snak schuldig gesprochen, der für zehn Jahre ins Gefängnis muss, wie ein Oppositionsmedium mitteilte. International sorgte das Urteil für Empörung: Mehrere westliche Staaten forderten die Freilassung der Verurteilten.
Kolesnikowa und Snak waren wegen der Massenproteste vom vergangenen Jahr gegen den autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko eine “Verschwörung zur Machtergreifung”, der “Aufruf zu Aktionen gegen die nationale Sicherheit” sowie die “Gründung einer extremistischen Gruppe” vorgeworfen worden.
Der Prozess gegen die beiden Oppositionellen lief seit Anfang August hinter verschlossenen Türen. In einem Video aus dem Gerichtssaal, das im Online-Dienst Telegram verbreitet wurde, machte Kolesnikowa – mit Handschellen gefesselt – ein herzförmiges Symbol mit ihren Händen. “Liebe Zuschauer, wir freuen uns, Sie zu sehen”, sagte Snak, der neben ihr stand, in den Aufnahmen vor der Urteilsverkündung.
Die im Exil in Litauen lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja bezeichnete Kolesnikowa und Snak als “Helden”. “Das Regime will, dass wir sie zerschlagen und erschöpft sehen. Aber sehen Sie: Sie lächeln und tanzen”, schrieb Tichanowskaja im Onlinedienst Twitter.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin nannte die Haftstrafen “ungerechtfertigt”. Sie hob hervor, die Urteile seien “für uns ein Sinnbild für das rücksichtslose Vorgehen, die Repressionen und die Einschüchterungen des belarussischen Regimes gegen Oppositionspolitiker und Zivilgesellschaft”. Die Bundesregierung fordere “die Freilassung aller politischen Gefangenen in Belarus”. Der Druck auf Minsk werde aufrechterhalten.
Die Europäische Union verurteilte den Richterspruch als “eklatante Missachtung” der Menschenrechte. Auch die britische Regierung forderte die Freilassung aller politischer Gefangener in Belarus.
Die 39-jährige Musikerin Kolesnikowa ist eine der Symbolfiguren der Protestbewegung gegen Lukaschenko. Sie war die Wahlkampfmanagerin von Viktor Babaryko, der vor der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr als aussichtsreichster Herausforderer Lukaschenkos galt, kurz vor der Wahl aber festgenommen wurde. Er wurde dann wegen des Vorwurfs der Korruption zu 14 Jahren Haft verurteilt.
Babarykos Verhaftung führte dazu, dass sich mehrere Lager der Opposition zusammenschlossen. Kolesnikowa, Babarykos Ehefrau Tichanowskaja und eine dritte Frau, Weronika Zepkalo, deren Mann ebenfalls von der Wahl ausgeschlossen worden war, wurden zu Anführerinnen des Widerstandes gegen Lukaschenko – zunächst im Wahlkampf, den sie gemeinsam führten, dann bei den folgenden Massenprotesten.
Trotz massiver Betrugsvorwürfe wurde Lukaschenko nach der Wahl im August vergangenen Jahres offiziell zum Sieger erklärt. Die Proteste wurden blutig niedergeschlagen, tausende Regierungskritiker wurden festgenommen oder ins Exil gezwungen.
Als eine der wenigen führenden Oppositionellen ging Kolesnikowa nicht ins Exil. Sie wurde verhaftet, nachdem sie sich ihrer Abschiebung ins Ausland widersetzt hatte.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Deutschland kritisierte die Haftstrafen als “willkürlich”. “Die heutige Verurteilung soll den Millionen von Menschen, für die sie sprachen, nun endgültig die Hoffnung auf friedliche Veränderungen und Achtung der Menschenrechte nehmen”, erklärte Katharina Masoud von Amnesty Deutschland. Kolesnikowa und Snak müssten sofort freigelassen werden, ebenso wie “hunderte weitere Menschen, die in Belarus wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind”.
Quelle: AFP