US-Generalstabschef Mark Milley hält angesichts der unübersichtlichen Lage in Afghanistan den Ausbruch eines Bürgerkriegs für “wahrscheinlich”. Er bezweifle, dass die radikalislamischen Taliban in der Lage seien, ihre Macht zu festigen und eine funktionierende Regierung zu bilden, sagte Milley am Samstag (Ortszeit) dem TV-Sender Fox News. “Ich denke, dass zumindest die Wahrscheinlichkeit für einen größeren Bürgerkrieg sehr hoch ist”.
Ein solcher Zustand begünstige wiederum das Erstarken “terroristischer Gruppen” wie al-Kaida oder des Islamischen Staats (IS). Mit einem “Wiederaufleben des Terrorismus” rechne er “innerhalb von zwölf, 24 oder 36 Monaten”, sagte Milley.
Inmitten des US-Truppenabzugs hatten die radikalislamischen Taliban das Land überrannt und nach 20 Jahren die Macht wieder an sich gerissen. Im nördlichen Pandschir-Tal liefern sich die Taliban und ihre Gegner Berichten zufolge jedoch weiterhin heftige Gefechte. Die Region war bereits in den 90er Jahren eine Hochburg des Widerstands gegen die Islamisten und fiel nie unter deren Kontrolle.
Die Taliban meldeten am Sonntag schwere Kämpfe im Panschir-Tal. Die italienische Hilfsorganisation Emergency, die in der Region ein Krankenhaus betreibt, teilte am Samstag mit, dass Taliban-Kämpfer in das Dorf Anabah eingefallen seien. “Viele Menschen sind in den vergangenen Tagen aus den umliegenden Dörfern geflohen”, erklärte die Organisation.
Unbestätigten Berichten zufolge nahmen die Islamisten auch weitere Bezirke in der Region ein. Der Chefredakteur des US-Mediums “Long War Journal”, Bill Roggio, sagte am Sonntag mit Blick auf die unklare Lage, es herrsche derzeit noch ein “Nebel des Krieges”. Es sehe allerdings “schlecht aus”.
In den Online-Medien erklärten Anhänger der Taliban, deren Kämpfer hätten weite Teile des Pandschir-Tals erobert. Die Aussagen lassen sich von unabhängiger Seite jedoch nicht überprüfen.
Ein Sprecher der neu gegründeten Nationalen Widerstandsfront (NRF) im Pandschir-Tal erklärte am Sonntag, dass der Widerstand “niemals scheitern” werde. Nach Angaben des ehemaligen Vize-Präsidenten Amrullah Saleh, der die Bewegung zusammen mit Ahmed Massud anführt, ist die Lage jedoch schwierig. Er warnte angesichts der Kämpfe vor einer “humanitären Krise großen Ausmaßes” in der Region.
Quelle: AFP