Geht es nach dem zuständigen Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, gilt das Verbot der Doppelbestrafung auch im Wettbewerbsrecht. Generalanwalt Michal Bobek schlug in seinem Gutachten am Donnerstag eine neue, einheitliche Prüfung für den Schutz dagegen vor. Es ging unter anderem um die Frage eines österreichischen Gerichts zu einem möglichen Zuckerkartell. (Az. C-151/20)
Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde beantragte beim Kartellgericht Geldbußen gegen die deutsche Südzucker AG und die Feststellung der verbotenen Teilnahme an einem Kartell gegen die deutsche Nordzucker AG. Gegen Südzucker hatte aber schon das deutsche Bundeskartellamt eine Geldbuße in dreistelliger Millionenhöhe verhängt. Das Kartellgericht wies den Antrag darum unter Verweis auf das Verbot der Doppelbestrafung ab, woraufhin die österreichische Behörde vor Gericht zog.
Der oberste Gerichtshof fragte den EuGH, ob in Österreich Geldbußen gegen Unternehmen verhängt werden können, die in einem anderen Land wegen kartellrechtswidriger Absprachen bereits zahlen mussten. Der Generalanwalt betonte nun, dass das grundsätzliche Verbot der Doppelbestrafung unabhängig davon sei, um welches Rechtsgebiet es gehe. Ein wettbewerbswidriges Verhalten könne nicht geahndet werden, wenn es bereits Gegenstand eines früheren Verfahrens einer anderen nationalen Wettbewerbsbehörde gewesen sei und rechtskräftig entschieden wurde.
Diese Verbot gelte aber nur bei gleichem zeitlichem und geografischem Umfang, erklärte Bobek weiter. Ob das EU-Wettbewerbsrecht und das nationale Wettbewerbsrecht dasselbe Rechtsgut schützten, müsse durch Prüfung der konkreten angewandten Regelungen geklärt werden. Die Richterinnen und Richter müssen sich bei ihrer Entscheidung nicht nach dem Generalanwalt richten, tun dies aber oft. Ein Urteilstermin steht noch nicht fest.
Quelle: AFP