Über eine mögliche Abfrage des Corona-Impfstatus von Beschäftigten ist in Politik und Wirtschaft ein Streit entbrannt. Während sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) offen dafür zeigte, äußerte sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) skeptisch. Arbeitgebervertreter forderten die Regierung auf, die Möglichkeit einer solchen Abfrage zu schaffen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wiederum nannte entsprechende Forderungen ein “No-go”.
Bundesgesundheitsminister Spahn kann sich grundsätzlich vorstellen, dass Arbeitgeber Mitarbeiter nach ihrem Corona-Impfstatus fragen dürfen. Er sei hin- und hergerissen, ob das Gesetz geändert werden solle, damit Arbeitgeber zumindest für die nächsten sechs Monate fragen dürften, sagte er am Montagabend in der ARD-Sendung “Hart aber fair”. Auf die Frage, wie seine Haltung dazu sei, sagte Spahn: “Ich tendiere zunehmend zu ja.”
Arbeitsminister Heil forderte Spahn auf, zunächst einen konkreten Vorschlag zu machen. “Die Frage, ob Arbeitgeber das Recht bekommen sollen, den Impfstatus ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erfahren, muss der dafür zuständige Bundesgesundheitsminister mit einem sauberen Rechtsvorschlag klären”, erklärte Heil am Dienstag.
Heil zeigte sich aber grundsätzlich skeptisch, ob solche Abfragen möglich sind. Er frage sich, auf welcher Rechtsgrundlage eine solche Regelung umgesetzt werden könnte, sagte der Arbeitsminister im RBB-Inforadio. Der Arbeitsschutz gebe das wegen der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten nicht her.
Der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, forderte Klarheit von der Politik. In der Wirtschaft gebe es zwar zur Frage der Einführung einer 2G-Regel verschiedene Ansichten, die jeweils nachvollziehbar seien, sagte Dulger der “Rheinischen Post”. “Doch bevor wir über diese Frage entscheiden, muss endlich klar gestellt werden, dass der Arbeitgeber den Impfstatus seiner Beschäftigten erfragen darf.” Eine 2G-Regel betrifft nur “Geimpfte oder Genesene”. Bei 3G kommen noch negativ auf das Coronavirus getestete Menschen hinzu.
Der DGB lehnte Forderungen nach Auskunft über den Impfstatus entschieden ab. “Die Information, ob jemand geimpft ist, unterliegt wie alle anderen Gesundheitsdaten der Beschäftigten dem Datenschutz, sie hat Arbeitgeber nicht zu interessieren”, erklärte Vorstandsmitglied Anja Piel. Die Forderung sei ein “unlauterer Versuch, die Verantwortung für den Arbeitsschutz auf die Beschäftigten abzuwälzen”. Technische und organisatorische Maßnahmen wie etwa die Ermöglichung von Home Office hätten Vorrang.
Der Deutsche Beamtenbund hält eine Auskunftspflicht aus rechtlichen Gründen derzeit nicht für möglich. Nach aktueller Rechtslage sei eine solche Pflicht weder für Arbeitnehmende noch für Beamtinnen und Beamte zu begründen, sagte der Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach der “Rheinischen Post”. Freiwilligkeit sei “bisher zwingend”.
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, äußerte sich ebenfalls skeptisch. “Das kann ich mir nur für einzelne Berufsgruppen vorstellen, die engen Kontakt zu vielen anderen Menschen haben”, sagte Gassen der “Rheinischen Post”. “Ob ein Arbeiter in der Industrieproduktion das künftig angeben sollte, möchte ich bezweifeln”.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber forderte “klare und rechtssichere Regelungen” in der Arbeitsschutzverordnung. “Die gilt dann bundesweit und nur während der akuten Pandemielage”, sagte Kelber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Quelle: AFP