Nach seiner Kritik am kompromisslosen Kurs der chinesischen Regierung in der Coronapandemie ist ein bekannter chinesischer Mediziner unter Druck geraten. Wie die Fudan-Universität in Shanghai am Sonntag mitteilte, leitete sie nach Plagiatsvorwürfen im Internet eine Untersuchung gegen ihren Experten für Infektionskrankheiten, Zhang Wenhong, ein. Dieser hatte Ende Juli im Online-Netzwerk Weibo eine allmähliche “Rückkehr zur Normalität” gefordert und erklärt, die Menschheit müsse lernen, mit dem Virus zu leben.
China hatte die Pandemie nach dem ersten Auftreten des Coronavirus in der zentralchinesischen Stadt Wuhan im Dezember 2019 durch harten Lockdowns, Massentestungen und Grenzschließungen erfolgreich eindämmen können. In jüngster Zeit kam es wegen der Ausbreitung der Delta-Variante allerdings wieder zu Infektionen in dutzenden Städten, woraufhin die Regierung in Peking Reisebeschränkungen erließ.
Zhang, den chinesische Staatsmedien in Anspielung auf den bekannten US-Corona-Experten Anthony Fauci schon als “chinesischen Fauci” bezeichnet hatten, schrieb Ende Juli auf Weibo, alle Länder müssten Wege finden, mit dem Virus “zu leben”. Dies könne China dabei helfen, wieder eine “Kommunikation mit der Welt herzustellen und zur Normalität zurückzukehren, und die Bürger vor der Angst vor Viren zu schützen”.
Dieser Vorschlag eines Abweichens von der Zero-Covid-Strategie der Regierung rief Nationalisten auf den Plan, die Zhang vorwarfen, “ausländischen Ideen anzuhängen”. Außerdem bezichtigten sie ihn, in seiner vor 20 Jahren veröffentlichten Doktorarbeit abgeschrieben zu haben. Daraufhin kündigte die Fudan-Universität, die Zhang damals den Doktor-Titel verlieh und in deren Lehrkrankenhaus er arbeitet, eine Überprüfung der Doktorarbeit an.
Während Zhang nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP reagierte, verteidigten ihn Kollegen öffentlich.
Die chinesische Regierung reagiert bei Äußerungen, die vom offiziellen Kurs in der Pandemie abweichen, sehr scharf. Kritiker werden festgenommen. Zudem machen Unterstützer der Regierung im Internet Jagd auf Abweichler.
Quelle: AFP