Fieberhafte Suche nach hunderten Vermissten nach verheerendem Erdbeben in Haiti

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Nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti mit mehr als 300 Todesopfern suchen Rettungskräfte in den Trümmern eingestürzter Gebäude fieberhaft nach Überlebenden und möglichen weiteren Opfern. Hunderte Menschen galten am Sonntag als vermisst, mehr als 1800 weitere wurden verletzt. Der bitterarme und politisch instabile Karibikstaat ist mit der Katastrophe überfordert. Weiteres Ungemach droht durch den herannahenden Tropensturm “Grace”. 

Das Beben der Stärke 7,2 hatte am Samstagmorgen (Ortszeit) Haitis Südwesten erschüttert, sein Epizentrum lag nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS rund 160 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Die Erschütterungen richteten schwere Schäden an. Unzählige Gebäude stürzten ein, darunter ein mehrstöckiges Hotel in der Stadt Les Cayes. 

“Ich war zu Hause, als es zu beben begann”, berichtete die 21-jährige Christella Saint Hilaire, eine Einwohnerin der nahe des Epizentrums gelegenen Stadt L’Asile. “Ein Mauerstück ist auf mich gefallen, aber ich bin nicht sehr verletzt.” In Internet-Videos ist zu sehen, wie Einwohner verzweifelt versuchten, Verschüttete zu bergen. Ihre rasche Hilfe rettete laut Zivilschutz vielen Menschen das Leben.

Regierungschef Ariel Henry verschaffte sich per Hubschrauber einen Überblick über die Lage. Er rief einen einmonatigen Ausnahmezustand in den vier von dem Beben betroffenen Verwaltungsbezirken aus und appellierte an die Bevölkerung, “Solidarität zu zeigen”.

In der vom Beben betroffenen Region gibt es allerdings nur wenige Krankenhäuser. Das Gesundheitsministerium entsandte zwar Personal und Medikamente, doch wurden die Hilfseinsätze durch die prekäre Sicherheitslage erschwert. Die einzige Straßenverbindung in die Katastrophenregion führt durch das Armenviertel Martissant von Port-au-Prince, wo Anfang Juni kriminelle Banden die Kontrolle übernommen hatten. 

Die Rettungsarbeiten könnten durch Tropensturm “Grace” zusätzlich behindert werden. Nach Angaben des US-Wetterdienstes sollfe “Grace” am späten Montag Haiti erreichen und für schwere Regenfälle und Sturzfluten sorgen.

Die USA boten Soforthilfe an. Es mache ihn “traurig”, dass Haiti in einer ohnehin schwierigen Zeit von einem Erdbeben getroffen worden sei, erklärte Präsident Joe Biden. Nach seinen Angaben wollen die USA bei der Bergung von Verletzten und dem Wiederaufbau helfen. Auch mehrere lateinamerikanische Staaten sowie Spanien stellten rasche Hilfen in Aussicht. 

Mehr als 250 kubanische Ärzte, die dem Land bereits im Kampf gegen das Corona-Virus beistehen, bereiteten ein Covid-Krankenhaus in Porte-au-Prince für die Behandlung schwerverletzer Opfer vor. Internationale Hilfsorganisationen, darunter I.S.A.R. Germany und der Bundesverband Rettungshunde, kündigten ebenfalls Unterstützung an.

Die japanische Tennisspielerin Naomi Osaka, deren Vater Haitianer ist, kündigte an, ihre Einnahmen aus einem bevorstehenden Turnier in Cincinnati für die Erdbebenhilfe zu spenden. “Es tut wirklich weh, all die derzeit in Haiti angerichtete Zerstörung zu sehen”, schrieb sie im Onlinedienst Twitter.

Das Erdbeben war sogar noch etwas stärker als das verheerende Beben vom Januar 2010, bei dem in Haiti mehr als 200.000 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 300.000 weitere verletzt worden waren. Rund 1,5 Millionen Menschen wurden damals obdachlos. 

Haiti – der ärmste Staat der gesamten Region – hat sich bis heute nicht von den Folgen des damaligen Bebens erholt. Darüberhinaus wird das Land regelmäßig von Wirbelstürmen heimgesucht. Noch tiefer in die Krise rutschte Haiti durch die Corona-Pandemie, die Zunahme der Bandenkriminalität – und zuletzt durch die Ermordung von Präsident Jovenel Moïse Anfang Juli.

Quelle: AFP

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