Erbeben in Haiti bringt mehr als 700 Menschen den Tod

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Das schwere Erdbeben in Haiti hat mehr als 700 Menschen den Tod gebracht. 724 Leichen seien mittlerweile geborgen worden, teilte die Katastrophenschutzbehörde am Sonntag mit, nachdem das Beben der Stärke 7,2 am Samstagmorgen den Karibikstaat heimgesucht hatte. Mehr als 2800 Menschen wurden verletzt, die verzweifelte Suche nach Vermissten dauerte an.

Die Erschütterungen richteten schwerste Schäden an. Zahllose Gebäude stürzten ein, darunter ein mehrstöckiges Hotel in der Stadt Les Cayes, die sich in der Nähe des Epizentrums rund 160 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Port-au-Prince befindet. Die Rettungskräfte suchten in den Trümmern eingestürzter Gebäude nach Überlebenden und möglichen weiteren Opfern. 

In der vom Beben betroffenen Region gibt es allerdings nur wenige Krankenhäuser. Das Gesundheitsministerium entsandte Personal und Medikamente, doch wurden die Hilfseinsätze durch die prekäre Sicherheitslage in Haiti erschwert. Die einzige Straßenverbindung in die Katastrophenregion führt durch das Armenviertel Martissant von Port-au-Prince, wo Anfang Juni kriminelle Banden die Kontrolle übernommen hatten. 

“Ich war zu Hause, als es zu beben begann”, berichtete die 21-jährige Christella Saint Hilaire, eine Einwohnerin der nahe des Epizentrums gelegenen Stadt L’Asile. “Ein Mauerstück ist auf mich gefallen, aber ich bin nicht sehr verletzt.” In Internet-Videos ist zu sehen, wie Einwohner versuchten, Verschüttete zu bergen. Ihre rasche Hilfe rettete laut Zivilschutz vielen Menschen das Leben.

Auch das Haus von Marcel François aus Cayes wurde durch das Beben vollständig zerstört, er konnte aus den Trümmern befreit werden. “Dank Gott und Dank meines Telefons bin ich noch am Leben, denn ich konnte den Leuten draußen sagen, wo ich zu finden war.” Sein jüngerer Bruder Job wurde von Nachbarn nach mehr als drei Stunden aus den Trümmern befreit, die sie mit bloßen Händen wegräumten.

Haitis Regierungschef Ariel Henry verschaffte sich per Hubschrauber einen Überblick über die Lage. Er rief einen einmonatigen Ausnahmezustand in den vier von dem Beben betroffenen Verwaltungsbezirken aus und appellierte an die Bevölkerung, “Solidarität zu zeigen”. Die Rettungsarbeiten könnten durch Tropensturm “Grace” zusätzlich behindert werden. Nach Angaben des US-Wetterdienstes sollte “Grace” am Montag Haiti erreichen und für schwere Regenfälle und Sturzfluten sorgen.

Die USA boten Soforthilfe an. Es mache ihn “traurig”, dass Haiti in einer ohnehin schwierigen Zeit von einem Erdbeben getroffen worden sei, erklärte Präsident Joe Biden. Nach seinen Angaben wollen die USA bei der Bergung von Verletzten und dem Wiederaufbau helfen. Auch mehrere lateinamerikanische Staaten sowie Spanien stellten rasche Hilfen in Aussicht. 

Mehr als 250 kubanische Ärzte, die dem Land bereits im Kampf gegen das Corona-Virus beistehen, bereiteten ein Covid-Krankenhaus in Porte-au-Prince für die Behandlung schwer verletzter Opfer vor. Internationale Hilfsorganisationen, darunter I.S.A.R. Germany und der Bundesverband Rettungshunde, kündigten ebenfalls Unterstützung an.

Die japanische Tennisspielerin Naomi Osaka, deren Vater Haitianer ist, kündigte an, ihre Einnahmen aus einem bevorstehenden Turnier in Cincinnati für die Erdbebenhilfe zu spenden. “Es tut wirklich weh, all die derzeit in Haiti angerichtete Zerstörung zu sehen”, schrieb sie im Onlinedienst Twitter.

Das Erdbeben war sogar noch etwas stärker als das verheerende Beben vom Januar 2010, bei dem in Haiti mehr als 200.000 Menschen ums Leben gekommen waren. Rund 1,5 Millionen Menschen wurden damals obdachlos. 

Haiti – der ärmste Staat der Region – hat sich bis heute nicht von den Folgen des damaligen Bebens erholt. Darüberhinaus wird das Land regelmäßig von Wirbelstürmen heimgesucht. Noch tiefer in die Krise rutschte Haiti durch die Corona-Pandemie, die Zunahme der Bandenkriminalität – und zuletzt durch die Ermordung von Präsident Jovenel Moïse Anfang Juli.

Quelle: AFP

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