Trauer und Gewalt am ersten Jahrestag der Explosionskatastrophe in Beirut

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Beirut zwischen Trauer und Gewalt: Während Angehörige am ersten Jahrestag der Explosionskatastrophe im Hafen der Todesopfer gedachten, versuchten Demonstranten das libanesische Parlament zu stürmen. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurden nach Angaben des Roten Kreuzes am Mittwoch dutzende Menschen verletzt. Die Spendenbereitschaft bei einer internationalen Geberkonferenz für das krisengeschüttelte Land übertraf die Erwartungen der französischen Gastgeber.

Junge Männer versuchten im Stadtzentrum, eine Stacheldrahtbarriere zu überwinden, die den Zugang zum Parlamentsgebäude versperrte. Einige legten Feuer und warfen Steine auf Sicherheitskräfte. Die Polizei rief “friedliche” Demonstranten auf, die Gegend zu verlassen. Angesichts “wiederholter Attacken” würden die Einsatzkräfte mit “verhältnismäßigen Mitteln” gegen “unfriedliche Demonstranten” vorgehen, warnte die Polizei. 

Die Sicherheitskräfte gingen mit Gummigeschossen, Wasserwerfern und Tränengas gegen die Menge vor. Das libanesische Fernsehen zeigte einen Panzer, der in das Gebiet rollte. Das Rote Kreuz erklärte, es habe acht Verletzte ins Krankenhaus gebracht und dutzende weitere Verletzte vor Ort versorgt.

Währenddessen versammelten sich wenige hundert Meter von den Krawallen entfernt am Hafen tausende Menschen zu einer friedlichen Gedenkfeier für die Todesopfer der Explosion. Angehörige und Überlebende trugen Flaggen sowie Porträts der Toten.

Die Demonstranten verlangten, dass die Verantwortlichen für die Katastrophe zur Rechenschaft gezogen werden. Auf einem Protestzug trugen Demonstranten eine nachgebaute Guillotine. Eine Frau trug ein Schild mit der Aufschrift: “Meine ‘Regierung’ hat mein Volk getötet, uns unser Zuhause genommen und unsere Stadt in Staub verwandelt.” 

Die 37-jährige Demonstrantin Wafaa Karam trauerte um ihren Bruder, Neffen und einen Cousin, die alle als Feuerwehrleute bei der Explosion umkamen. “Wir wollen die Wahrheit”, sagte sie.

Bei der Explosion von hunderten Tonnen Ammoniumnitrat im Hafen von Beirut waren am 4. August 2020 ganze Stadtteile Beiruts dem Erdboden gleichgemacht worden. 214 Menschen starben, 6500 weitere wurden verletzt und rund 300.000 wurden obdachlos. Die von den Behörden eingeleiteten Untersuchungen haben bisher keine Ergebnisse gebracht.

Das fahrlässig im Hafen gelagerte Ammoniumnitrat, das in der Landwirtschaft, aber auch zur Sprengstoffherstellung genutzt wird, löste die größte nicht-nukleare Explosion der Geschichte aus und verwandelte Beirut binnen Minuten in ein Katastrophengebiet. Die Explosion verschlimmerte die im Libanon herrschende Wirtschaftskrise; seit dem Rücktritt der Regierung infolge der Katastrophe ist der Libanon ohne handlungsfähige politische Führung.

Der französische Präsident Emmanuel Macron kritisierte zum Auftakt der mittlerweile dritten internationalen Geberkonferenz für den Libanon in Paris die libanesischen Politiker. Diese stellten “individuelle und Partei-Interessen über die Interessen des libanesischen Volkes”.

Der französische Staatschef sagte hundert Millionen Euro “direkte Unterstützung an die Bevölkerung” binnen eines Jahres zu. US-Präsident Joe Biden versprach “fast hundert Millionen Dollar an neuer humanitärer Hilfe”. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kündigte weitere Hilfszusagen Deutschlands in Höhe von 40 Millionen Euro an.

Insgesamt kamen bei der Konferenz 370 Millionen Dollar (310 Millionen Euro) zusammen. Die französischen Gastgeber hatten zuvor mit 350 Millionen Dollar gerechnet. Damit versprachen die Geberländer bei der dritten Konferenz mehr Hilfe als bei den zwei vorangegangenen Konferenzen zusammen. Damals waren insgesamt 280 Millionen Euro versprochen worden.

Maas betonte allerdings, dass die Probleme im Libanon nicht durch internationale Unterstützung, sondern “nur von den verantwortlichen politischen Entscheidungsträgern” in dem Land gelöst werden könnten. Weitere Hilfe hänge von “der Bildung einer funktionierenden, legitimen Regierung und einem glaubwürdigen Reformprogramm ab”.

Quelle: AFP

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