Ein Richter des Obersten Gerichtshofs Brasiliens hat eine Untersuchung gegen Staatschef Jair Bolsonaro wegen Verbreitung falscher Informationen angeordnet, weil dieser ständig und ohne Beweise das elektronische Wahlsystem angreift. Richter Alexandre de Moraes erklärte am Mittwoch, dass die Untersuchung des Obersten Gerichtshofs darauf abzielen werde, festzustellen, ob sich der rechtsradikale Staatschef unter anderem der “Beleidigung, Verleumdung und üblen Nachrede” schuldig gemacht habe.
Bolsonaro hatte unter anderem in einem am Donnerstag auf Facebook verbreiteten Video behauptet, dass es bei den letzten beiden Präsidentschaftswahlen Wahlmanipulation gegeben habe. Demnach hätte er 2018 bereits im ersten Wahlgang gewinnen müssen. Auch wetterte der 66-Jährige gegen mehrere Richter des Obersten Gerichtshofs.
Das Oberste Wahlgericht ermittelt bereits wegen des Verdachts, dass Bolsonaro seine “wirtschaftliche und politische Macht” missbraucht, um die Legitimität der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen infrage zu stellen. Es hatte den Obersten Gerichtshof aufgefordert, sich ebenfalls mit der Thematik zu befassen.
Bolsonaro hatte das rein elektronische Wahlsystem, das seit 1996 in Brasilien verwendet wird, in der Vergangenheit mehrfach als Quelle für Manipulation bezeichnet. Beweise dafür legte er nicht vor. Das Oberste Wahlgericht sieht darin die Gefahr der Untergrabung der Wahlen im kommenden Jahr. Im Raum stehen demnach auch Vorwürfe gegen Bolsonaro wegen Korruption, Betrugs, Missbrauchs der Medien und “Propaganda”.
Mit seiner Kritik am elektronischen Wahlsystem fordert Bolsonaro keine Rückkehr zur Verwendung von gedruckten Stimmzetteln. Stattdessen soll nach seinem Willen bei jeder Stimmabgabe eine Bestätigung ausgedruckt werden, damit die Stimmen auch analog ausgezählt werden können.
Analysten zufolge deuten Bolsonaros Angriffe auf das Wahlsystem darauf hin, dass er sich angesichts schlechter Umfragewerte auf eine Niederlage bei der Wahl im kommenden Jahr vorbereiten und auf eine mögliche Schlappe mit Betrugsvorwürfen reagieren könnte – nach dem Vorbild des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump.
Quelle: AFP