Die Lockerungen der Corona-Maßnahmen haben zu einer deutlichen Entspannung auf dem Arbeitsmarkt geführt: Die Zahl der Arbeitslosen im Juli sank im Vergleich zum Vormonat um 24.000 auf 2,59 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) mitteilte. Die Arbeitslosenquote ging um 0,1 Punkte auf 5,6 Prozent zurück. Das ist eine ungewöhnliche Entwicklung: Normalerweise steigt die Arbeitslosenzahl in den Sommermonaten.
Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sei “ausgesprochen erfreulich”, sagte BA-Chef Detlef Scheele am Donnerstag. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung seien trotz Beginn der Sommerpause “weiter kräftig gesunken”. Im Vergleich zum Juli 2020 ging die Zahl der Arbeitslosen um 320.000 zurück.
Der Wachstumstrend bei der Beschäftigung der vergangenen Monate setze sich fort, die Unternehmen suchten vermehrt nach neuem Personal, sagte Scheele. Zwar seien die Folgen der Corona-Pandemie noch immer spürbar. “Aber vor allen Dingen bei der Arbeitslosigkeit und bei der Arbeitskräftenachfrage wird die Situation von Monat zu Monat zur Zeit besser.”
Die Folgen der Pandemie bezifferte die BA auf ein Plus von 316.000 Arbeitslosen, dies entspricht einer Zunahme der Arbeitslosenquote um 0,7 Prozentpunkte. Diese Werte hätten sich aufgrund der Erholung am Arbeitsmarkt im Vergleich zum Sommer 2020, dem Höhepunkt der Coronakrise, inzwischen etwa halbiert. Ohne den Ausbruch der Pandemie läge die Arbeitslosenquote laut Scheele aktuell bei schätzungsweise 4,9 Prozent.
Auch bei der Kurzarbeit zeigt sich ein positiver Trend. Nach vorläufig hochgerechneten Daten der BA wurde im Mai 2021 für 2,23 Millionen Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt – im April 2020 hatte die Kurzarbeit mit knapp sechs Millionen ihren Höhepunkt erreicht.
Bei weiteren Lockerungen der Corona-Maßnahmen rechnet die BA mit deutlich weniger Kurzarbeit. “Zuletzt kamen etwa die Hälfte aller Kurzarbeiter aus Branchen, die direkt vom Lockdown betroffen waren”, sagte Scheele. Die andere Hälfte war in Branchen tätig, in denen Kurzarbeit saisonbedingt üblich sei.
Die Anzahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter ließ ebenfalls einen Aufwärtstrend erkennen. Im Mai stieg sie im Vorjahresvergleich um 402.000 auf insgesamt 33,73 Millionen. Damit sei das Vorkrisenniveau bereits wieder erreicht, sagte Scheele.
Dies alles seien Indikatoren, “die auch hoffen lassen, dass man in der zweiten Jahreshälfte ähnliche Zahlen zeigen kann”, sagte der BA-Chef. Die künftige Entwicklung am Arbeitsmarkt hänge jedoch auch eng mit dem weiteren Impfgeschehen zusammen. Wer sich nicht impfen lasse, der spiele “in der Tat auch mit der Frage der wirtschaftlichen Prosperität”, warnte Scheele.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, die aktuelle Entwicklung der Arbeitslosenzahlen mache Mut. Bemühungen von Bund und Ländern, Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten, hätten sich gelohnt. Die befürchtete Insolvenzwelle sei ausgeblieben. Es sei nun umso wichtiger, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Infektionen und einen erneuten Lockdown zu verhindern.
Der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, erklärte, dass mit den beschlossenen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz “der berufliche Alltag in vielen Branchen fast wie unter normalen Bedingungen” wieder einkehre. Es sei gut, dass die Arbeitgeber auf das Kurzarbeitergeld zurückgriffen und auf Kündigungen verzichteten. Im Umfang des gezahlten Kurzarbeitergelds werde Arbeitslosigkeit vermieden.
Die Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Beate Müller-Gemmeke, begrüßte die positiven Arbeitsmarktzahlen. “Die guten Aussichten dürfen aber nicht über weiterhin steigende Zahlen bei der Langzeitarbeitslosigkeit hinwegtäuschen”, mahnte sie und forderte “qualitativ hochwertige und individuell zugeschnittene Qualifizierungsangebote”.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, forderte einen “Neustart” der Arbeitsmarktpolitik. “Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld sind für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu niedrig, um davon leben zu können”, kritisierte sie. Zimmermann forderte einen Rechtsanspruch auf regelmäßige Weiterbildung, öffentlich geförderte Beschäftigung und eine Erhöhung des Arbeitslosen- und Kurzarbeitergelds.
Quelle: AFP