Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) strebt trotz Bedenken innerhalb der Bundesregierung weiter eine Ausweitung der Testpflicht für Reiserückkehrer an. “Das Bundesgesundheitsministerium ist für eine schnellstmögliche Ausweitung der Testpflichten bei Einreise”, sagte eine Sprecherin Spahns am Dienstag auf Anfrage. “Die Abstimmungen innerhalb der Regierung dazu laufen.” Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sieht allerdings noch Diskussionsbedarf. Spahns Vorhaben ist daher nicht Teil der neuen Einreiseverordnung, die am Mittwoch in Kraft tritt.
Bereits vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass Spahn alle Einreisenden ohne Geimpften- oder Genesenennachweis verpflichten will, sich testen zu lassen – egal, aus welchen Gebieten und mit welchen Verkehrsmitteln sie zurückkommen. Derzeit gibt es eine solche Regelung für Flugpassagiere.
Über das Vorhaben hatten zunächst die Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Dienstag berichtet. Dem Bericht zufolge sträubt sich im Kabinett bisher Justizministerin Lambrecht gegen Spahns Pläne. Sie hält die umfassende Testpflicht demnach für unverhältnismäßig.
Lambrecht erklärte am Dienstag, es gebe Überlegungen, wie das Reisen noch sicherer gemacht werden könne. “Deshalb sind wir innerhalb der Bundesregierung in konstruktiven Gesprächen zu einer Überarbeitung der Regeln für Reiserückkehrer und arbeiten gemeinsam an einer Lösung.”
Die ab Mittwoch gültige neue Verordnung legt unter anderem fest, dass nachweislich Geimpfte und Genesene unter bestimmten Umständen künftig von der Quarantäne befreit werden können, wenn sie aus einem Virusvariantengebiet einreisen – und zwar dann, wenn das Variantengebiet nach der Einreise und während der Quarantäne zu einem Hochinzidenz- oder Risikogebiet herabgestuft wird. Ansonsten werden mit der neuen Einreiseverordnung die bisherigen Test- und Quarantäneregeln im Wesentlichen verlängert.
Als Hochinzidenzgebiete sind seit Dienstag auch Spanien und die Niederlande ausgewiesen. Rückkehrer, die keinen Geimpften- oder Genesenennachweis vorlegen können, müssen in Quarantäne, die erst nach fünf Tagen durch ein negatives Testergebnis beendet werden kann.
Unterstützung für Spahns Vorhaben kam von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. “Eine generelle Testpflicht bei der Einreise nach Deutschland für alle, die weder vollständig geimpft noch genesen sind, ist aus medizinischer Sicht sehr sinnvoll”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. “Bei Urlaubsreisen besteht wegen der größeren Zahl an Kontakten grundsätzlich ein höheres Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren – zunächst einmal unabhängig vom Reiseort und dem genutzten Verkehrsmittel.”
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), wandte sich gegen schärfere Einreiseregeln. “Die Bestimmungen der Einreiseverordnung haben uns auch in Zeiten mit höheren Inzidenzen gute Dienste erwiesen – dafür sind sie ausgelegt.” Es sei nicht nachvollziehbar, dass bei steigenden Impfquoten überwiegend von Verschärfungen gesprochen werde. Allerdings müssten die geltenden Regeln auch wirksam kontrolliert werden.
Die Stiftung Patientenschutz warf der Bundesregierung eine falsche Prioritätensetzung vor. “Jetzt soll es wieder eine Testpflicht für Reiserückkehrer geben”, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. “Aber immer noch fehlt eine verbindliche Regelung für tägliche Testungen von ungeimpftem medizinisch-pflegerischen Personal. Genau so zeigt die Bundesregierung, dass aus den Fehlern des letzten Jahres nichts gelernt wurde.”
Quelle: AFP