Gericht in Hongkong verurteilt erstmals Mann nach sogenanntem Sicherheitsgesetz

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Ein Gericht in Hongkong hat zum ersten Mal ein Urteil nach dem sogenannten Sicherheitsgesetz verhängt. Das Gremium aus drei Richtern verurteilte den 24-jährigen Demokratie-Aktivisten Tong Ying Kit am Dienstag wegen Terrorismus und der Anstiftung zur Abspaltung. Das Strafmaß soll zu einem späteren Zeitpunkt verkündet werden. Dem 24-Jährigen droht lebenslange Haft.

Der ehemalige Kellner war am 1. Juli vergangenen Jahres wenige Stunden nach Inkrafttreten des Sicherheitsgesetzes festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, mit seinem Motorrad absichtlich in eine Gruppe von Polizisten gefahren sein. Der 24-Jährige hatte eine Fahne an seinem Motorrad mit dem damals üblichen Slogan der Protestbewegung: “Befreit Hongkong, die Revolution unserer Zeit”.

Das Richtergremium wertete die Aufschrift auf der Flagge als Aufruf zur Abspaltung Hongkongs von China. Mit seiner Entscheidung, in die Gruppe von Polizisten zu fahren, habe er die “öffentliche Sicherheit stark gefährdet” – was nach Definition des Gesetzes eine Anklage wegen Terrorismus gerechtfertigt habe, hieß es weiter.

Das erste Verfahren auf der Basis des umstrittenen “Sicherheitsgesetzes” fand ohne Beteiligung von Geschworenen statt, die in Hongkong in solchen Fällen normalerweise vorgesehen ist. Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf künftige Fälle – denn die drei Richter bestätigten, dass bestimmte politische Slogans künftig verboten sind.

In Hongkong hatte es 2019 monatelange Massenproteste gegen den wachsenden Einfluss Pekings gegeben. Als Reaktion darauf erließ die chinesische Führung im vergangenen Jahr das sogenannte Sicherheitsgesetz, das den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten erlaubt, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Verstöße können mit lebenslanger Haft bestraft werden.

Mehr als 60 Menschen wurden inzwischen auf Grundlage des umstrittenen Gesetzes beschuldigt, unter ihnen viele führende Vertreter der Demokratiebewegung. Zu ihnen gehören auch der Hongkonger Medienunternehmer Jimmy Lai und weitere Mitarbeiter seiner inzwischen eingestellten kritischen Tageszeitung “Daily Apple”. Die meisten warten derzeit in Untersuchungshaft auf ihre Prozesse.

Tongs Fall unterscheidet sich von denen meisten anderen Fällen, weil ihm neben politischen Äußerungen, die nach Auffassung der Behörden illegal sind, auch eine konkrete Gewalttat vorgeworfen wurde. Er hatte zu Beginn des Verfahrens alle Anschuldigungen zurückgewiesen.

Der früheren britischen Kronkolonie Hongkong waren bei ihrer Übergabe an China im Jahr 1997 für 50 Jahre Sonderrechte gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Kritiker der chinesischen Hongkong-Politik sehen im sogenannten Sicherheitsgesetz eine massive Beschneidung des Sonderstatus der Finanzmetropole. 

Quelle: AFP

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