Das EU-Klimapaket stößt in der deutschen Wirtschaft zwar grundsätzlich auf Zustimmung – doch zugleich gibt es Warnungen vor Wettbewerbsnachteilen. Die deutsche Industrie vermisse “wichtige Antworten auf zentrale Fragen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Innovationsstandorts Europa”, erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Donnerstag. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schloss Gegenvorschläge zur Umsetzung der Klimaziele nicht aus.
Es müsse möglich sein, Vorschläge zu überprüfen und zu modifizieren, sagte Altmaier. Er versicherte zugleich, solche Gegenvorschläge würden “mindestens einen ähnlich großen Klimaeffekt” haben. Konkrete Beispiele nannte er aber nicht.
Der Wirtschaftsminister begrüßte die Pläne der EU-Kommission aber insgesamt. Es liege ein “ambitioniertes, detailliertes und konstruktives Paket” auf dem Tisch. Er werde alles unterstützen, was dem Erreichen der Klimaziele diene. Altmaier mahnte ebenfalls, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Blick zu behalten. Am Ende dürfe nicht ein guter Ansatz zur Verlagerung von Arbeitsplätzen in Regionen außerhalb der EU führen. Das diene weder dem Klima noch der EU.
BDI-Präsident Russwurm erklärte, der Klimaplan werde nur dann zum Erfolg und internationale Nachahmer finden, “wenn unsere Industrie trotz Dekarbonisierung global wettbewerbsfähig bleibt”. Er kritisierte unter anderem Vorgaben, die die Autoindustrie betreffen. Er nannte das “faktische Verbot des Verbrennungsmotors” eine “falsche Antwort auf die Anforderungen des Klimaschutzes im Verkehr”. Russwurm forderte stattdessen, “alle möglichen Technologieoptionen” zu nutzen.
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl kritisierte, das Paket lasse “keine ausreichende industriepolitische Perspektive” erkennen. Die Vorschläge berücksichtigten nicht die Anforderungen an die Transformation in der Stahlindustrie, führten zu Zusatzkosten und ließen eine nachhaltige Unterstützung für Investitionen in CO2-arme und langfristig auch neutrale Verfahren vermissen, erklärte Präsident Hans Jürgen Kerkhoff.
Die IG Metall sieht nach eigenen Angaben “Licht und Schatten” in den EU-Plänen. Es sei “richtig und notwendig, jetzt alle Kräfte auf die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens zu richten”, erklärte die Gewerkschaft. “Ob die Vorschläge schon in allen Punkten das Maß aller Dinge sind, ist allerdings fraglich.”
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte dagegen etwa die Vorgaben für den Verkehr als unzureichend. “CO2-Grenzwerte für Autos sollen sich vor 2030 überhaupt nicht ändern, so dass die Autokonzerne eine weitere Generation Klimakiller und Stadtpanzer auf unsere Straßen spülen können”, erklärte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Auch das 2035 vorgesehene Aus für neue Verbrenner komme zu spät.
Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) forderte mehr Tempo beim Aufbau einer neuen Energieversorgung im Verkehr. “Die zentrale Frage ist nicht, wann der letzte Verbrenner zugelassen wird, sondern wie der Wechsel zum Strom gelingt”, erklärte das IW. Die Ausbaugeschwindigkeit schneller Ladesäulen müsse sich mehr als verdreißigfachen.
Die EU-Kommission hatte am Mittwoch ein Gesetzespaket für den tiefgreifenden Wandel der Wirtschaft zum Schutz vor den Folgen des Klimawandels vorgestellt. Darin wird verbindlich das Ziel festgeschrieben, dass die Union bis 2050 klimaneutral wird und auf dem Weg dahin bis 2030 ihre Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 senkt.
Quelle: AFP