Im Ausland wird die Art und Weise, wie Deutschland mit den einzelnen Phasen der Corona-Pandemie umgegangen ist, höchst unterschiedlich bewertet: Während der ersten Welle im Frühjahr 2020 wurde das Krisenmanagement überwiegend als “effizient und vorbildlich” wahrgenommen, wie die am Donnerstag vorgestellte Studie “Außenblick” zum internationalen Blick auf Deutschland ergab.
In der zweiten Corona-Welle waren dagegen demnach viele Befragte “verwundert über immer weniger Disziplin in der Bevölkerung und Probleme bei der Beschaffung, Logistik und Organisation der Impfkampagne”. Laut der von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Goethe-Institut erstellten Untersuchung wurde in der ersten Corona-Welle auch die “deutsche Solidarität mit anderen Ländern” positiv bewertet, “deren Kapazitäten im Gesundheitssystem erschöpft waren”.
Deutlich negativer fällt das Urteil für den weiteren Umgang Deutschlands mit der Pandemie aus: Die Befragten beobachteten der Studie zufolge eine “Zerrissenheit der Deutschen zwischen den Prinzipien der Selbstbestimmung, Freiheit und des Föderalismus auf der einen und der Disziplin und Regeltreue auf der anderen Seite”.
Die Studie beruht auf Onlinebefragungen und Interviews im Januar und März. Befragt wurden den Angaben zufolge Expertinnen und Experten aus den Partnernetzwerken der drei Organisationen, die Deutschland gut kennen. Dabei nahmen 622 Menschen aus 37 Ländern an der Onlinebefragung teil, in weiterführenden Interviews wurden 48 Menschen in 24 Ländern befragt.
Die Studie ergab zudem, dass Deutschland im Ausland als “stabile Demokratie mit rechtsstaatlichen Prinzipien” und als “Wirtschaftskraft” wahrgenommen wird. “Als große Leistung Deutschlands werden die Wiedervereinigung und die Aufnahme Geflüchteter 2015/2016 wahrgenommen”, heißt es in der Studie.
Nachholbedarf sehen die Befragten dagegen bei der digitalen Infrastruktur in Deutschland. Gerade bei der Digitalisierung würden allerdings große Erwartungen an Deutschland deutlich, erklärte GIZ-Chefin Tanja Gönner. “Auf der einen Seite wird uns ein Rückstand widergespiegelt”, sagte sie. “Auf der anderen Seite wird Deutschland eine besondere Rolle bei der Erarbeitung von Regeln und Rahmenbedingungen zugesprochen.”
Auch beim Umweltschutz sieht das Ausland Defizite in Deutschland. Es sei zwar ein großes gesellschaftliches Interesse an Umweltthemen zu beobachten, in den Unternehmen hingegen stehe das Thema zu wenig im Fokus.
Besorgt blicken die Expertinnen und Experten im Ausland auf “populistische und extremistische Tendenzen” in Deutschland. Kein anderer Risikobereich werde im Ausland in “so vielfältiger Weise thematisiert”. Gesprächspartner beschrieben, dass sie in den vergangenen Jahren während ihrer Aufenthalte in Deutschland weniger Toleranz und Freundlichkeit erlebt hätten. “Sie haben verstärkt das Gefühl, nicht willkommen zu sein”, heißt es in der Studie.
Quelle: AFP