Studie: Hitzewelle in den USA und Kanada ohne Klimawandel "praktisch unmöglich"

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Die beispiellose Hitzewelle in Kanada und im Westen der USA wäre einer wissenschaftlichen Analyse zufolge ohne den Klimawandel “praktisch unmöglich” gewesen. “Es gibt absolut keinen Zweifel, dass der Klimawandel hier eine entscheidende Rolle gespielt hat”, sagte die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto von der Universität Oxford bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die durch Treibhausgase verursachte Erderwärmung habe die Hitzewelle mindestens 150 Mal wahrscheinlicher gemacht. 

Für die Studie analysierte die Forschungsgruppe World Weather Attribution (WWA) historische und heutige Wetterdaten und Computersimulationen. Die in Kanada und den USA gemessenen Werte seien demnach so extrem, dass sie nur einmal alle eintausend Jahre vorkommen dürften. Bei einer fortschreitenden Erwärmung der Erde um bis zu zwei Grad Celsius, was bei derzeitigen Emissionen bereits in den 2040er Jahren der Fall sein könnte, könnten solche Hitzewellen alle fünf bis zehn Jahre auftreten und noch etwa ein Grad heißer ausfallen. 

In der kanadischen Provinz British Columbia wurde im Juni an drei Tagen in Folge ein neuer Tagestemperaturrekord gemessen. Im Dorf Lytton zeigte das Thermometer zwischenzeitlich 49,6 Grad. Das Dorf wurde kurz darauf von einem Waldbrand größtenteils zerstört. Auch die US-Bundesstaaten Washington und Oregon litten unter dem Phänomen der sogenannten Hitzekuppel.

Wieviele Menschen durch die extreme Hitze ums Leben kamen, steht noch nicht fest. Es ist aber von mindestens einigen hundert Todesopfern auszugehen.

Insgesamt lag die Temperatur in der Region im Juni laut dem EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus 1,2 Grad über dem Durchschnittswert der Jahre 1991 bis 2020. Für Europa war es der zweitwärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen, weltweit gemeinsam mit dem Juni 2018 der viertwärmste. Auch in anderen Teilen der Welt herrschten im Juni hohe Temperaturen.

Das WWA hat sich zum Spezialisten für die Analyse der Zusammenhänge konkreter Extremwetterereignisse und den Klimawandel entwickelt. Das Forschungsprojekt errechnet zeitnah, wie hoch die Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse ohne die Erderwärmung gewesen wäre. 

An den Berechnungen zur jüngsten Hitzewelle in Kanada und den USA waren 27 Wissenschaftler aus sieben Ländern beteiligt. Von den verschiedenen Faktoren, die zu der Hitzewelle beitrugen, hoben sie insbesondere die durch vorherige Dürren bereits sehr trockenen Böden in der Region hervor. Bei trockenen Böden ist die Verdunstung von Wasser geringer, die zur Abkühlung beiträgt.

Die Hitzekuppel sei “etwas, das niemand hat kommen sehen oder für möglich gehalten hat”, erklärte Studien-Co-Autor Geert Jan van Oldenborgh vom Königlichen Meteorologie-Institut der Niederlande. Offenbar sei es so, “dass wir Hitzewellen nicht so gut verstehen, wie wir dachten”.

Der Entwurf eines neuen Berichts des Weltklimarats IPCC, über den die Nachrichtenagentur AFP vergangenen Monat exklusiv berichtet hatte, warnt ebenfalls vor der Zunahme von Hitzewellen. Bei einer Erderwärmung um zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter wären demnach 420 Millionen Menschen zusätzlich dem Risiko von Hitzewellen ausgesetzt. 

Auch der Deutsche Wetterdienst hatte bei seiner Klima-Pressekonferenz im März gewarnt, die vergangenen Jahre bestärkten die Befürchtungen, “dass wir künftig immer öfter mit Wetter- und Klimaextremen rechnen müssen”.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nannte die WWA-Studie “beunruhigend”. Deutschland müsse sich einerseits auf häufigeres Extremwetter einstellen und andererseits mit einer Energie-, Verkehrs- und Agrarwende seinen “Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise” leisten, forderte der Grünen-Politiker. Dazu müsse es auch “endlich den Kohleausstieg beschleunigen”.

Quelle: AFP

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