Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und sein polnischer Kollege Zbigniew Rau haben sich zur engen Zusammenarbeit ihrer Länder etwa beim Umgang mit Belarus bekannt. Bei einem Besuch von Maas in Warschau am Donnerstag traten allerdings auch Meinungsverschiedenheiten offen zutage. Dissens gab es etwa bei der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, polnischen Forderungen nach Weltkriegsreparationszahlungen und einem umstrittenen ungarischen Homosexuellen-Gesetz.
Rau und Maas verurteilten einstimmig das Verhalten der belarussischen Regierung und deren Abkehr vom EU-Programm der Östlichen Partnerschaft. Polen habe im Kreise der EU-Staaten eine “führende Rolle” bei der Sanktionierung der belarussischen Führung eingenommen, lobte Maas. Dafür sei er dankbar.
“Wir dürfen Belarus nicht aus den Augen verlieren”, warnte Rau. Polen sei entschlossen, seine Bemühungen zum Wohle der belarussischen Zivilgesellschaft fortzusetzen “und die politischen Häflinge zu befreien”.
Maas sollte später in Warschau belarussische Oppositionspolitiker zum Gespräch treffen. Dass mehrere von ihnen sich derzeit in Polen im Exil befänden, zeige auch “dass Polen ein wichtiger Bezugspunkt ist für die belarussische Zivilgesellschaft”, sagte er.
Angesprochen auf bekannte Streitthemen zeigte sich aber auch, dass Berlin und Warschau in vielen Belangen nach wie vor weit auseinander liegen. So verteidigte Rau etwa ein hoch umstrittenes Gesetz Ungarns gegen “Werbung” für Homosexualität: Diese “Problematik” sei Zuständigkeit der Nationalstaaten. Maas hingegen schloss sich der scharfen Kritik von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an dem Gesetz uneingeschränkt an.
“Wir sind dagegen”, sagte Rau zur deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Das Projekt sei ein Sicherheitsrisiko für Europa und dürfe nicht fertiggestellt werden. “Es würde uns in eine schwierige Situation bringen, wenn wirtschaftliche Beziehungen mit Russland nicht mehr möglich wären”, sagte hingegen Maas.
Auch die von Polen geforderten Reparationszahlungen für deutsche Verbrechen an der polnischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg sorgten für Spannungen. Das Problem sei “weiterhin ungelöst”, sagte der polnische Regierungsvertreter. Maas widersprach: Die Reparationsfrage sei “rechtlich und politisch abgeschlossen”. Er freue sich aber darauf, in Zusammenarbeit mit dem Nachbarland ein Gedenk- und Mahnmal für die deutschen Verbrechen in Polen einzurichten.
Die Arbeit an diesem Geschichtsprojekt werde auch “nach der Bundestagswahl, unabhängig vom Ergebnis” weitergehen, versicherte Maas. Er ging damit auf die von Rau geäußerte Sorge ein, dass die deutsch-polnischen Beziehungen für die zukünftige Regierung in Berlin an Bedeutung verlieren könnten.
Quelle: AFP