Das neue Klimaschutzgesetz, das am Donnerstagabend vom Bundestag verabschiedet werden soll, stößt ungeachtet deutlich strengerer Emissionsvorgaben bei Klimawissenschaft, Verbänden und Opposition auf Kritik. “Es ist alles viel zu wenig. Wir brauchen systemische Veränderungen”, sagte der Klimaforscher Mojib Latif im Deutschlandfunk. Er sprach von einem “Larifari-Gesetz”.
Das neue Gesetz schreibt vor, dass Deutschland seinen Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 senkt und bis 2040 um 88 Prozent. Bis spätestens 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht sein. Kritik gibt es denn auch weniger an den neuen Zielen als an einem Fehlen konkreter Schritte, um diese zu erreichen.
“Es ist alles viel zu wenig. Wir brauchen systemische Veränderungen”, sagte dazu Latif. Die Bundesregierung bleibe hier und in weiteren klimapolitischen Vorlagen konkrete Aussagen über die für das Erreichen der strengeren Klimaziele erforderlichen Maßnahmen größtenteils schuldig, kritisierte der Experte des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel. Nötig sei jedoch eine “Transformation” der gesamten Wirtschaft. Dabei seien auch weitreichende staatliche Lenkungsmaßnahmen erforderlich.
Die Bundesregierung “verpasst die Chancen, jetzt Maßnahmen einzuführen, die sofort das Klima wirksam schützen würden”, kritisierte auch die BUND-Klimaexpertin Antje von Broock. Sie forderte etwa ein Tempolimit von 120 Stundenkilometer auf Autobahnen. Zudem müssten Mehrkosten fairer verteilt werden, etwa durch die Entlastung von Mieterinnen und Mietern.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bewertete “das neue Klimaschutzziel sowie die neuen Sektorvorgaben äußerst ambitioniert”. Auch er pochte aber auf konkrete Instrumente, um die Ziele erreichen zu können.
Dazu gehöre die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für mehr Ökostrom und “die Reduzierung der EEG-Umlage auf Null, um grünen Strom auch in der Mobilität und im Wärmemarkt wettbewerbsfähig zu machen”, forderte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Bis 2030 müsse die installierte Windenergie an Land auf 100 Gigawatt im Vergleich zu 2020 fast verdoppelt und die Solarenergie auf mindestens 150 Gigawatt Leistung fast verdreifacht werden.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) begrüßte das neue Klimaschutzgesetz als “ein starkes Fundament für den Klimaschutz in den nächsten Jahren und Jahrzehnten”. “Die Aufgabe ist groß, es geht um nicht weniger als um eine Verdopplung des Tempos im Klimaschutz”, hob sie hervor. Die Vorschriften in dem Gesetz seien “der Garant dafür, dass jede Regierung zuverlässig die Ziele erreicht”.
Dazu gehörten “verbindliche, jahresscharfe Sektorziele”, die dafür sorgen sollten, “dass bei Zielverfehlungen sofort an der richtigen Stelle nachgesteuert wird”. Ab 2050 müsse es dann negative Emissionen geben. Dazu und zum Erreichen der Treibhausgasneutralität solle unter anderem die Renaturierung von Mooren beitragen, damit sie und Wälder “auf naturverträgliche Weise wieder mehr Kohlenstoff binden können”.
Quelle: AFP