Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen schnell die weitere Finanzierung der Versorgung von Millionen Syrien-Flüchtlingen in der Türkei klären. Sie forderten bei ihrem Gipfel am Donnerstag die EU-Kommission auf, dazu “ohne Verzögerung” endgültige Vorschläge vorzulegen, die auch Gelder für Jordanien, Libanon und andere Teile der Region umfassen. Die Kommission hatte im Vorfeld ein Paket im Gesamtvolumen von 5,7 Milliarden Euro bis 2024 ins Gespräch gebracht, von dem 3,5 Milliarden Euro für die Türkei bestimmt wären.
Die EU hatte Ankara in einem Flüchtlingsabkommen von 2016 sechs Milliarden Euro für die inzwischen 3,7 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei zugesagt. Diese sind nun weitgehend ausgegeben oder fest verplant. Die Türkei fordert schon lange, dass die EU neues Geld bereitstellt.
Die EU hatte mit den Geldern die Bereitschaft der Türkei honoriert, neu auf den griechischen Inseln ankommende Flüchtlinge zurückzunehmen. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Ankunftszahlen in Griechenland.
In den vergangenen Jahren hatten sich die Beziehungen zwischen beiden Seiten aber zunehmend verschlechtert. Türkische Erkundungsbohrungen nach Gas im östlichen Mittelmeer hatten zu Spannungen mit den EU-Mitgliedern Griechenland und Zypern geführt. In der Frage der geteilten Mittelmeerinsel Zypern hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zudem das von der EU unterstützte Ziel einer Wiedervereinigung in Frage gestellt.
Die Staats- und Regierungschefs begrüßten nun die inzwischen eingetretene Entspannung im Gasstreit mit der Türkei. Sie bedauerten aber, dass ein Treffen zur Zypern-Frage unter Ägide der UNO in Genf “nicht den Weg für eine Wiederaufnahme von formalen Verhandlungen geebnet hat”.
Teil des Flüchtlingspaktes von 2016 war auch das EU-Versprechen gewesen, Gespräche über die Modernisierung der Zollunion aufzunehmen. Dieses Vorhaben war wegen des massiven Vorgehens Erdogans gegen innenpolitische Gegner jedoch für Jahre auf Eis gelegt worden. In den vergangenen Monaten hatten beide Seiten dann aber einen neuen Anlauf genommen.
Der Gipfel nahm nun den Beginn von technischen Vorgesprächen für ein Mandat über die Modernisierung der Zollunion zur Kenntnis. Er betonte aber die Notwendigkeit, “die aktuellen Schwierigkeiten” bei der Umsetzung der bisherigen Zollunion anzugehen und diese wirksam auf alle Mitgliedstaaten anzuwenden.
Nach den Gesprächen über die Türkei befassten sich die Staats- und Regierungschefs am Abend mit dem künftigen Kurs gegenüber Russland. Deutschland und Frankreich hatten hier die EU-Partner mit dem Vorschlag überrascht, auch die Möglichkeit von Gipfeln mit Präsident Wladimir Putin in Erwägung zu ziehen.
Quelle: AFP