Enttäuschung nach Bund-Länder-Beschlüssen zu Impfung von Jugendlichen

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Die Beschlüsse von Bund und Ländern zu Impfungen von Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren stoßen auf Kritik. Von unterschiedlichen Seiten war am Freitag von enttäuschten Hoffnungen die Rede, nachdem es im Vorfeld unter anderem von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Ankündigungen zu baldigen umfassenden Impfangeboten gegeben hatte. Die Ständige Impfkommission (Stiko) bekräftigte ihre generelle Skepsis zu einer breiten Impfkampagne in dieser Altersgruppe.

Hintergrund der Debatte ist die für den Nachmittag angekündigte Entscheidung auf EU-Ebene über die Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer auch für Kinder und Jugendliche ab Zwölf. Die Bundesregierung erwarte, dass die Zulassung erteilt werde, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Er betonte aber, in der Entscheidung über die Impfungen seien die Eltern dann “vollkommen frei”.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf Spahn vor, seine Versprechen nicht einhalten zu können, wonach zusätzlicher Impfstoff für Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen würde. Dies sei “ein richtiges Problem fürs Vertrauen”, sagte sie den Sendern RTL und n-tv. Sie verwies auch auf ähnliche Versprechen von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD).

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Donnerstagabend nach den Spitzenberatungen von Bund und Ländern mitgeteilt, dass Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren sich zwar ab dem 7. Juni um einen Impftermin bemühen können, es dafür aber nicht mehr Impfstoff geben werde. Daher würden für diese Altersgruppe auch nicht bereits kurzfristig Termine zur Verfügung stehen.

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte im ARD-“Morgenmagazin” ebenfalls, die Schülerinnen und Schüler würden nicht bereits ab Juni breitflächig geimpft werden können. “Unser Ziel ist, dass im Sommer jeder ein Impfangebot erhält, da nehmen wir die Zwölf-Plus-Jährigen mit rein”, bekräftigte jedoch Braun.

Von “enttäuschten Hoffnungen”, die Vertrauen kosten würden, sprach der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Der Impfstoff sei “im Moment so knapp, dass er gerade einmal für die Zweitimpfungen” bei Erwachsenen reiche, sagte Dedy der Funke Mediengruppe. Auf gezielte Impfangebote auch für Studentinnen und Studenten drang der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Peter-André Alt.

Stiko-Präsident Thomas Mertens warnte davor, über Impfungen von Schülerinnen und Schülern nach politischen statt nach medizinischen Kriterien zu entscheiden. Die Debatte dürfe nicht vom Wahlkampf überlagert werden, sagte er der “Rheinischen Post”. Stiko-Mitglied Martin Terhardt verwies im Bayerischen Rundfunk erneut auf mögliche Impfrisiken für Kinder und Jugendliche, die “wir eben noch nicht ganz genau kennen”.

Der Intensivmediziner-Verband Divi forderte bei den Impfungen “weiterhin höchste Priorität für Erwachsene”. “Kinder erkranken häufig asymptomatisch oder im Verlauf harmlos und haben deshalb derzeit bei knappen Impfstoffkapazitäten keine dringliche Indikation für eine Impfung”, sagte Divi-Generalsekretär Florian Hoffmann den Funke-Zeitungen.

Enttäuscht über die skeptische Haltung der Stiko äußerte sich der Deutsche Lehrerverband. Diese dürfte “viele, wenn nicht sogar die Mehrheit der Eltern davon abhalten, dieses Impfangebot für ihre Kinder wahrzunehmen”, sagte der Verbandsvorsitzende Heinz-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Kritik an der geplanten stärkeren Einbeziehung auch von Betriebsärzten beim Impfen übte die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Es brauche jetzt “nicht noch mehr Anbieter von Impfangeboten, die den Mangel verwalten”, erklärte Vorstand Eugen Brysch.

Quelle: AFP

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