Erst vor neun Monaten hatte es in Mali einen Militärputsch gegeben – nun vollzieht sich in dem westafrikanischen Krisenstaat offenbar ein zweiter Staatsstreich: Im Beisein internationaler Vermittler seien am Mittwoch der abgesetzte Präsident der Übergangsregierung, Bah Ndaw, sowie Regierungschef Moctar Ouane zurückgetreten, sagte ein Vertrauter des einflussreichen malischen Armee-Obersts Assimi Goïta. Über die Freilassung der beiden Politiker sowie über die “Bildung einer neuen Regierung” werde nun verhandelt.
Ein Mitglied der mit Delegierten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, der Afrikanischen Union (AU) sowie der UN-Mission Minusma besetzten Vermittlermission widersprach der Darstellung des Goïta-Vertrauten und erklärte, Ndaw und Ouane hätten ihre Rücktritte bereits vor der Ankunft des Vermittlerteams eingereicht. Im Gespräch mit Goïta hätten die internationalen Vermittler ihren “Dissens” über die Vorgänge zum Ausdruck gebracht.
Der Leiter der Ecowas-Delegation, der frühere nigerianische Präsident Goodluck Jonathan, brachte Sanktionen der westafrikanischen Staaten gegen Mali ins Spiel, sollte die Krise nicht gelöst werden können. Aus der Delegation Goïtas hieß es derweil, den internationalen Vermittlern seien die “Gründe” für die Absetzung Ndaws und Ouanes dargelegt worden. Am Plan, im kommenden Jahr Wahlen abzuhalten, habe sich nichts geändert.
Ndaw und Ouane waren am Montag festgenommen und im nahe der malischen Hauptstadt Bamako gelegenen Militärlager inhaftiert worden, nachdem sie die Regierung umgebildet hatten. Goïta, der den Rang eines Vizepräsidenten der Übergangsregierung innehat, warf ihnen vor, ihn bei der Regierungsumbildung übergangen zu haben und den Übergangsprozess “sabotieren” zu wollen.
Goïta war Anführer der Putschisten, die im August 2020 den gewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta nach lange andauernden Protesten gestürzt hatten. Die Übergangsregierung war im September eingesetzt worden und sollte die Rückkehr zur Zivilherrschaft in Mali sicherstellen.
Die internationale Gemeinschaft hatte die Absetzung von Festnahme Ndaws und Ouanes am Montag scharf verurteilt. Frankreichs Präsident Macron sprach von einem “Staatsstreich im Staatsstreich”, der “inakzeptabel” sei. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union (AU), die EU, Ecowas sowie die USA die “sofortige und bedingungslose Freilassung” Ndaws und Ouanes. Auf Antrag Frankreichs sollte um 21.00 Uhr (MESZ) der UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung wegen der Vorgänge in Mali zusammenkommen.
Die politische Situation in Mali ist seit 2012 von starker Instabilität geprägt. Die meist dschihadistisch motivierte Gewalt hat in den vergangenen Jahren auch die benachbarten Länder in der Sahel-Zone erreicht. Neben der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich ist auch Deutschland mit der Bundeswehr im Rahmen von Missionen der EU und der UNO in Mali im Einsatz, um zur Stabilisierung des Landes beizutragen.
Quelle: AFP