Der Grünen-Politiker Cem Özdemir hat die Zusammenarbeit der Regierung in Nordrhein-Westfalen mit dem türkischen Moscheeverband Ditib scharf kritisiert. Er “verstehe die Naivität nicht”, sagte er der “Welt am Sonntag”. Ditib sei Teil einer hierarchischen Organisation und die Zentrale in Köln sei der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara unterstellt. Diese wiederum “bekommt ihre Anweisungen vom türkischen Staatspräsidenten”, sagte Özdemir.
Durch die Entscheidung zur Kooperation mit Ditib beim Islamunterricht an Schulen im Land habe Nordrhein-Westfalen dafür gesorgt, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan “Zugang zu deutschen Schulen bekommt”, sagte Özdemir der “Welt am Sonntag”. “Das ist unfassbar.” Damit verrate die Regierung auch diejenigen islamischen Gruppen, die sich zum Grundgesetz und zu einer offenen Gesellschaft bekennen. NRW müsse die Kooperation mit Ditib rückgängig machen.
Kritik kam auch von FDP-Bundestagsfraktionsvize Stephan Thomae. “Islamischer Religionsunterricht muss frei von jeglichen Einflüssen ausländischer Akteure angeboten werden”, sagte er der Zeitung. Bei Ditib lägen aber “erhebliche Entscheidungsbefugnisse” beim türkischen Religionsamt Diyanet, das dem türkischen Präsidenten unmittelbar unterstellt sei.
Ali Ertan Toprak, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, zeigte sich ebenfalls besorgt. Wer mit Ditib zusammenarbeite, lege “die Zukunft deutscher Muslime in die Hände des türkischen Präsidenten”, sagte er der “WamS”. “Wundert euch nicht über Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen, wenn man mit einem Verband zusammenarbeitet, dessen Mutterverband Judenhass verbreitet.”
In Deutschland hatte es in den vergangenen Tagen eine Reihe von Demonstrationen und Protestaktionen wegen des Nahost-Konflikts gegeben. Bei pro-palästinensischen und anti-israelischen Kundgebungen kam es dabei auch zu antisemitischen Vorfällen. So wurden israelische Flaggen verbrannt und jüdische Einrichtungen attackiert. Die Vorfälle lösten große Empörung aus.
Quelle: AFP