Es fehlt an Holz, Stahl und Kunststoff: Der Materialmangel hat den Bau in Deutschland erreicht. “Das ist ein beispielloser Engpass seit 1991”, erklärte am Montag das Ifo-Institut in München, das Unternehmen im Hochbau und Tiefbau befragte. Im April sei es offenbar “zumindest vorübergehend” zu einer Beeinträchtigung in der Bautätigkeit gekommen.
Im Hochbau berichteten im April 23,9 Prozent der Firmen, sie hätten Probleme, rechtzeitig Baustoffe zu beschaffen, wie das Ifo mitteilte. Im März waren es noch 5,6 Prozent gewesen. Auch im Tiefbau habe sich die Knappheit im April deutlich verschärft: auf 11,5 Prozent von 2,9 Prozent im März.
“Das Material ist an vielen Stellen knapp, hört man aus der Branche”, erklärte Ludwig Dorffmeister, Experte für die Baubranche am Ifo-Institut. So seien Preise durch Lieferschwierigkeiten in mehreren Märkten gleichzeitig gestiegen: beim Baustahl, Bauholz und bei Kunststoffen – etwa Dämmstoffen und Folien.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes legten die Erzeugerpreise für bearbeitetes Holz zuletzt überdurchschnittlich zu. Im März 2021 lagen sie für gesägtes, gehobeltes oder imprägniertes Holz um 13,9 Prozent über dem Vorjahresmonat. Am stärksten stiegen demnach die Preise für Nadelschnittholz, wozu Dachlatten, Bauholz oder Konstruktionsvollholz gehören. Im März 2021 lagen diese um 20,6 Prozent höher als im März 2020.
Auch der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) warnte Anfang Mai vor Verzögerungen oder Stillstand auf Baustellen wegen Materialmangels. Bei einer Umfrage unter den rund 1600 Mitgliedsunternehmen belegten fast 90 Prozent der Antworten “signifikante Engpässe bei Holz, Dämmmaterial und Stahl”.
Knapp sind nach BFW-Angaben auch Plastikrohre und Kunststoffe. Der Mangel gefährde Neubauprojekte und Sanierungsarbeiten gleichermaßen. Die Engpässe bei zahlreichen Gütern seien unter anderem auf die stark gestiegene Nachfrage in China und den USA zurückzuführen.
Die auf Einkauf und Lieferkettenmanagement spezialisierte Unternehmensberatung Kloepfel Group warnte am Montag vor einer Verschärfung der Situation an den Rohstoffmärkten. Viele mittelständische Unternehmen hamstern demnach Rohstoffe wie Elektrobauteile, Holz, Kunststoff oder Stahl.
Es sei zu vermuten, dass Kapazitäten wegen Corona heruntergefahren wurden und die Nachfrage dann schneller angezogen habe als erwartet, erklärte Ifo-Experte Dorffmeister. Auch Sonderfaktoren bei der Produktion könnten eine Rolle gespielt haben, zum Beispiel der Wintereinbruch in den USA, der Holzproduktion, Weiterverarbeitung und Transport verzögert hat.
Quelle: AFP