Trotz verstärkter internationaler Bemühungen um ein Ende der Gewalt geht der Raketenbeschuss zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas unvermindert weiter. Die israelische Armee bombardierte am Sonntag das Haus des Chefs des politischen Flügels der Hamas im Gazastreifen, Jahia Sinwar. Ob Sinwar bei dem Angriff getötet wurde, war zunächst unklar. Die UNO, die USA und die EU riefen dringend zur Deeskalation auf. Am Sonntag tagt auch der UN-Sicherheitsrat zum Nahost-Konflikt.
Der Konflikt zwischen Israel und Palästinensern ist in den vergangenen Tagen in einem Maße eskaliert wie seit Jahren nicht mehr. Das israelische Militär teilte am Sonntagmorgen mit, es habe allein in den vergangenen 24 Stunden über 90 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Allein am Sonntag wurden nach palästinensischen Angaben mindestens 33 Menschen, darunter acht Kinder, durch die israelischen Angriffe im Gazastreifen getötet. Insgesamt starben demnach seit Montag 181 Menschen, darunter 52 Kinder. Mehr als 1200 Menschen wurden verletzt.
Radikale Palästinenser schossen ihrerseits aus dem Küstenstreifen seit Montag rund 3000 Raketen auf Israel ab, wie das israelische Militär am Sonntag meldete. Etwa 450 stürzten demnach auf dem Gebiet des Gazastreifens ab, rund 1150 wurden vom israelischen Raketenabwehrsystem Iron Dome abgefangen. In Israel wurden seit Montag zehn Menschen durch Raketenbeschuss getötet und viele verletzt.
Die israelischen Streitkräfte nehmen nach eigenen Angaben insbesondere die Infrastruktur der militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad ins Visier. Unter anderem wurden demnach ein Tunnelsystem, Waffenfabriken und Lagerstätten der Hamas zerstört.
Auch das Haus des Chefs des politischen Flügels der Hamas, Jahia Sinwar, wurde nach Militärangaben zerstört. Auf Twitter veröffentlichte die Armee am Sonntag ein Video, auf dem ein durch ein Bombardement schwer beschädigtes Haus zu sehen war, aus dem Rauchwolken aufstiegen. Ob Sinwar bei dem Anschlag getötet wurde, war unklar.
Am Samstag hatte insbesondere die Zerstörung eines von internationalen Medien genutzten Gebäudes in Gaza durch israelische Raketen international für Empörung gesorgt. Die israelische Armee begründete den Angriff damit, dass sich darin auch militärische Anlagen des Geheimdienstes der Hamas befunden hätten.
International wächst die Angst vor einem erneuten Krieg in Nahost. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte einen Drei-Stufen-Plan zur Deeskalation des Konflikts. “Es braucht nun: 1. Einen Stopp des Raketenterrors, 2. Ein Ende der Gewalt und 3. Die Rückkehr zu Gesprächen zwischen Israelis und Palästinensern und über eine Zweistaatenlösung”, schrieb er am Sonntag auf Twitter.
Die EU-Außenminister wollen am Dienstag auf einer Krisensitzung über die Lage in Nahost beraten. Bei der Videokonferenz werde es darum gehen, wie “die EU am besten zu einem Ende der derzeitigen Gewalt beitragen” könne, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Sonntag mit.
Der UN-Sicherheitsrat befasst sich am Sonntagnachmittag zum dritten Mal binnen einer Woche mit dem Nahost-Konflikt. Bei den vorherigen Beratungen hatte es keine Einigung auf eine gemeinsame Erklärung gegeben. Dies lag Teilnehmern zufolge an den USA, die eine Verurteilung ihres Verbündeten Israel ablehnten.
US-Präsident Joe Biden zeigte sich nach dem israelischen Angriff auf das von Medien genutzte Gebäude nach Angaben des Weißen Hauses zwar besorgt über “die Sicherheit von Journalisten”. In einem Telefonat mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Samstag betonte er jedoch erneut Israels Recht auf Selbstverteidigung.
Biden sprach am Samstag auch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und betonte, die Hamas müsse aufhören, Raketen auf israelisches Territorium abzufeuern. Abbas hat allerdings keinen direkten Einfluss auf die Hamas. Seine Fatah-Bewegung steht in Rivalität zur Hamas.
Der Nahost-Gesandte der US-Regierung, Hady Amr, kommt am Sonntag zu Gesprächen mit israelischen Regierungsvertretern zusammen und trifft im Anschluss palästinensische Verantwortlichen.
Quelle: AFP