Einen Monat vor der Präsidentschaftswahl im Iran haben zwei politische Schwergewichte ihre Kandidatur bekannt gegeben: Der als moderat-konservativ geltende Ex-Parlamentspräsident Ali Laridschani registrierte sich am Samstag im Innenministerium in Teheran als Präsidentschaftsbewerber, kurz darauf tat es ihm der ultrakonservative Justiz-Chef Ebrahim Raisi gleich. Am 18. Juni wird im Iran ein Nachfolger für Staatschef Hassan Ruhani gewählt, der gemäß der iranischen Verfassung nicht erneut kandidieren darf.
Über die Kandidatur Laridschanis und Raisis war im Iran seit Wochen spekuliert worden. Beide hatten sich bereits in der Vergangenheit um das Präsidentschaftsamt im Iran beworben und gehören dem politischen Establishment des Landes an. Laridschani hatte bei der Wahl im Jahr 2005 gegen den ultrakonservativen Mahmud Ahmadinedschad verloren, der bei der bevorstehenden Abstimmung ebenfalls antreten will. Bis 2007 war Laridschani iranischer Chefunterhändler in den Atomverhandlungen mit dem Westen; er gilt in Teheran als einer der wichtigsten Befürworter einer Wiederbelebung der Wiener Nuklearvereinbarung.
Von 2008 bis 2020 war Laridschani Parlamentsvorsitzender. Derzeit ist der 63-Jährige Berater des geistlichen Oberhaupts des Iran, Ayatollah Ali Chamenei. Zudem ist er ein enger Vertrauter des ebenfalls als moderat geltenden Präsidenten Ruhani.
Raisi war bereits bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2017 angetreten und damals Ruhani unterlegen. Er gilt als Favorit des konservativen Lagers bei der diesjährigen Wahl. Bereits im Vorfeld hatten die beiden wichtigsten konservativen und ultrakonservativen Gruppierungen im Iran dem Träger des islamischen Gelehrtentitels Hodschatoleslam ihre Unterstützung ausgesprochen.
Zu der Kandidatur habe er sich auf vielfachen Wunsch der Öffentlichkeit entschieden, erklärte Raisi am Samstag. Er trete “unabhängig” an, um einen “Wandel in der Exekutive des Landes herbeizuführen”. Im Falle seines Wahlsiegs kündigte Raisi einen “unerbittlichen Kampf gegen Armut und Korruption, Demütigung und Diskriminierung” an.
In einer Pressekonferenz nach seiner Registrierung verpasste Laridschani Raisi sowie mehreren anderen Präsidentschaftsbewerbern mit militärischen Hintergründen einen ersten Seitenhieb. “Die Wirtschaft ist weder eine Garnison noch ein Gerichtssaal, die mit Befehlen oder Anordnungen gelenkt werden kann”, betonte er. Er kandidiere als Präsident, weil er der Ansicht sei, dass die bisherigen Bewerber das “größte wirtschaftliche Problem des Landes nicht lösen” könnten. Jene, die den Iranern in der aktuellen Lage das “Paradies” versprächen, äußerten sich “falsch”, fügte er hinzu.
Laridschani nahm in der Pressekonferenz auch Bezug auf die derzeitigen Verhandlungen über die Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens in Wien. “Ich hoffe, dass die Verhandlungen Ergebnisse bringen.” Das Abkommen könne “Raum zum Atmen für die Wirtschaft” des Iran schaffen. Er sprach sich überdies für “kluge Beziehungen zum Westen, starke und konstruktive Beziehungen zum Osten und brüderliche Beziehungen zu unseren Nachbarn” aus.
Unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump waren die USA im Jahr 2018 aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran ausgestiegen und hatten neue Sanktionen gegen den Iran verhängt, unter denen die Wirtschaft des Landes immens leidet. Seit dem Ausstieg der USA zog sich auch der Iran schrittweise aus den Vereinbarungen zurück. Trumps Nachfolger Joe Biden hat die Bereitschaft signalisiert, dem Abkommen wieder beizutreten.
Die Nuklearvereinbarung ist aber auch im Iran hoch umstritten; ultrakonservative Gegner Ruhanis lehnen sie ab. Der Ausgang der Präsidentschaftswahl im Juni dürfte deshalb auch entscheidend für die Zukunft des Abkommens sein.
Ihre Präsidentschaftskandidatur haben im Iran dutzende Politiker angekündigt. Nach dem Ende der Bewerbungsfrist an diesem Samstag überprüft nun der konservative Wächterrat die Bewerbungen. Die Liste der genehmigten Kandidaturen soll am 27. Mai veröffentlicht werden.
Quelle: AFP