Bei der Eskalation der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern hat es Tote auf beiden Seiten gegeben. Bei Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen starben am Dienstag drei Israelinnen, auf Seiten der Palästinenser wurden nach Vergeltungsangriffen durch die israelische Armee mindestens 30 Menschen getötet, darunter zehn Kinder. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte noch mehr Härte gegen die radikalislamische Hamas an, die mit Raketen auf Tel Aviv antwortete. Ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht.
In der Nähe von Tel Aviv wurde eine Israelin durch eine Rakete aus dem Gazastreifen getötet, nachdem die Hamas am Abend nach eigenen Angaben 130 Raketen auf die Metropole abgefeuert hatte. Wie die israelische Polizei mitteilte, starb die Frau in der Stadt Rischon Lezion. Nach Angaben des israelischen Rettungsdienstes gab es dort auch Verletzte.
In Tel Aviv und in umliegenden Städten heulten die Alarmsirenen, am internationalen Flughafen von Tel Aviv wurde der Flugverkehr vorübergehend eingestellt. “Gott sei Dank gab es Sirenen, die uns rechtzeitig alarmierten, sodass ich mit anderen Nachbarn in den Schutzraum ging”, sagte Haim Roy Ben Shlomo nahe Tel Aviv der Nachrichtenagentur AFP.
Die Hamas erklärte, die Raketenangriffe seien die Antwort auf einen israelischen Luftangriff, bei dem zuvor ein Hochhaus im Gazastreifen zerstört worden war. Das zwölfstöckige Haus im Stadtzentrum von Gaza, in dem sich auch mehrere Büros der Hamas befanden, stürzte vollständig ein, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Übrig blieb nur ein Trümmerhaufen, über dem schwarzer Rauch aufstieg. Über Tote oder Verletzte lagen zunächst keine Angaben vor.
Insgesamt meldeten die Behörden im Gazastreifen 30 Tote, darunter zehn Kinder sowie Kommandeure der militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad. Weitere 200 Menschen seien bei den Angriffen verletzt worden.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Nachmittag angekündigt, die Angriffe auf das Palästinensergebiet als Reaktion auf den massiven Raketenbeschuss zu verstärken. Bei Angriffen aus dem Gazastreifen waren zuvor in der israelischen Küstenstadt Aschkelon zwei Israelinnen getötet worden.
Seit Montag habe die israelische Armee schon hunderte Angriffe gegen die militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad gestartet, sagte Netanjahu. Nun werde die Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, “in einer Art und Weise getroffen werden, die sie nicht erwartet”. “Wir haben Kommandeure ausgeschaltet, viele wichtige Ziele getroffen, und wir haben beschlossen, härter anzugreifen und das Tempo der Angriffe zu erhöhen”, drohte er.
Bereits zuvor waren nach Angaben der israelischen Armee mehr als 300 Raketen seit Montag aus dem Gazastreifen in Richtung Israel abfeuert worden. Etwa 90 Prozent von ihnen fing das israelische Abwehrsystem “Iron Dome” ab.
Die Hamas hatte gedroht, in der Stadt Aschkelon ein “Inferno” anzurichten, sollten bei israelischen Angriffen auf den Gazastreifen weitere Zivilisten getötet werden. In einer Fernsehansprache am Abend sagte Hamas-Führer Ismail Haniyeh, er sei im Falle einer Eskalation “bereit”.
Im von Israel besetzten Westjordanland wurde nach palästinensischen Angaben ein Palästinenser von der israelischen Armee erschossen. Ein weiterer Palästinenser wurde demnach verwundet. Bei den Männern soll es sich um Mitglieder des palästinensischen Geheimdienstes gehandelt haben.
Trotz der schlimmsten Angriffe seit Jahren verhallten alle Appelle zur Zurückhaltung bislang ungehört. Der UN-Sicherheitsrat kündigte eine Dringlichkeitssitzung für Mittwoch an. Auch Ägypten und Katar, die bereits in früheren Konflikten zwischen Israel und der Hamas vermittelt hatten, bemühten sich diplomatischen Quellen zufolge um eine Beruhigung der Lage.
In der Jerusalemer Altstadt blieb die Lage angespannt. Bei den heftigsten Zusammenstößen seit Jahren zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern in Ost-Jerusalem waren am Vortag etwa 520 Palästinenser und 32 Polizisten verletzt worden. Die Polizei erklärte, dass sie Unruhe oder Aufrufe zu Gewalt nicht zulassen werde.
Quelle: AFP