Der wegen mehrerer Überfälle auf Geldtransporter festgenommene Reemtsma-Entführer Thomas Drach ist aus den Niederlanden nach Deutschland ausgeliefert worden. Der 60-Jährige traf am Dienstag mit einem Polizeihubschrauber in der Kölner Justizvollzugsanstalt ein und wurde in Untersuchungshaft genommen, wie ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft sagte. Sie führt die Ermittlungen, die in einen neuerlichen Strafprozess gegen Drach münden könnten.
Dabei geht es um drei Raubüberfälle auf Geldtransporter in Köln und Frankfurt am Main, die Drach mit Komplizen begangen haben soll. Bei zwei Taten am Flughafen Köln/Bonn sowie in Frankfurt wurden Geldboten durch Schüsse verletzt. Gegen Drach lag ein europaweiter Haftbefehl vor, vor elf Wochen wurde er dann in den Niederlanden gefasst und in Auslieferungshaft genommen.
In der vergangenen Woche verfügte ein Gericht in Amsterdam seine Überstellung nach Deutschland. Der Zeitpunkt blieb dabei zunächst allerdings offen. Drach wird zu den gefährlichsten und skrupellosesten Schwerverbrechern Deutschlands gerechnet. Dabei ist sein Name insbesondere untrennbar mit der Entführung des Hamburger Mäzens Jan Philipp Reemtsma im Jahr 1996 verbunden.
Für die Tat wurde Drach im Jahr 2000 in Hamburg zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, jedoch noch während seines Gefängnisaufenthalts wegen versuchter Anstiftung zur Erpressung erneut verurteilt. Damals hatte er versucht, aus der Haft heraus seine Mutter und einen Komplizen auf seinen Bruder anzusetzen, weil dieser im angeblich 30 Millionen Euro schuldete. Auch sein Bruder war in die Reemstma-Entführung verstrickt und wusch Lösegeld. Er saß deshalb im Gefängnis.
Nach Verbüßung seiner Haft kam Drach im Oktober 2013 unter strengen Meldeauflagen frei. Unter anderem wurde ihm auferlegt, auf deutschem Gebiet permanent eine elektronische Fußfessel zu tragen. Drach ließ sich anschließend jedoch im Ausland nieder.
Drach gilt als hochkriminell und bestens vernetzt im kriminellen Milieu. Aus Sorge vor gewaltsamen Flucht- und Befreiungsversuchen wird er ständig streng bewacht. Bei der Reemtsma-Entführung hielten er und seine Mittäter ihr Opfer rund einen Monat angekettet im Keller eines Landhauses bei Bremen gefangen. Erst gegen Zahlung eines hohen Lösegelds von umgerechnet etwa 17,5 Millionen Euro ließen sie Reemtsma frei.
Drach tauchte zunächst erfolgreich unter. Erst etwa zwei Jahre nach der spektakulären Entführung wurde er 1998 in einem Hotel in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires aufgespürt und festgenommen. Es folgte ein erbittertes juristisches Tauziehen um seine Auslieferung, bevor er nach Deutschland gebracht und vor Gericht gestellt wurde. Der größte Teil des Lösegelds aus der Entführung gilt offiziell als verschollen.
Medienberichten zufolge kamen Ermittler der Polizei und einer von Reetmsma beauftragten Sicherheitsfirma allerdings bereits vor einigen Jahren zu dem Schluss, dass das erbeutete Geld für Drach wahrscheinlich größtenteils verloren ist. Demnach wurde es während seiner Haftzeit in Hamburg von Komplizen ausgegeben oder von Fahndern gesichert, die in verschiedenen Aktionen immer wieder Teile davon aufspüren und beschlagnahmen konnten.
Bei den nun im Raum stehenden Raubüberfällen hatten die Täter in den Niederlanden gestohlene Autos mit falschen Kennzeichen genutzt, die sie anschließend in Brand setzten. Bei der Tat am Flughafen Köln/Bonn kam auch ein Kalaschnikow-Sturmgewehr zum Einsatz. Durch Auswertung von Überwachungsvideos und verdeckte Ermittlungen gelang es der Polizei, einen Fluchtwagen zu identifizieren. Drach wurde am 23. Februar in den Niederlanden gefasst. Auch ein weiterer Verdächtiger wurde dort festgenommen.
Quelle: AFP