Bei den Regionalwahlen in Großbritannien hat die nach einer Unabhängigkeit Schottlands strebende Partei von Regierungschefin Nicola Sturgeon die absolute Mehrheit im Parlament voraussichtlich knapp verpasst. Laut einer Hochrechnung des Rundfunksenders BBC vom Samstag könnte Sturgeons Schottische Nationalpartei (SNP) auf 63 Sitze kommen. Für eine absolute Mehrheit sind 65 Parlamentssitze nötig.
Da neben der SNP auch die Grünen die Unabhängigkeit Schottlands anstreben, zeigte sich Sturgeon dennoch zuversichtlich. Es bestehe “kein Zweifel, dass es in diesem schottischen Parlament eine Mehrheit für die Unabhängigkeit geben wird”, sagte sie nach der Veröffentlichung der Hochrechnungen, wonach ihre SNP zwar stärkste Partei wurde, aber die absolute Mehrheit verpasst.
In Schottland standen am frühen Samstagabend die Gewinner von 71 Parlamentssitzen fest, 60 davon gingen an Sturgeons SNP. Allerdings verlor die SNP auch wichtige Wahlkreise. Die Auszählung zog sich wegen der Corona-Maßnahmen hin.
Die schottischen Unabhängigkeitsbefürworter wollen ein neues Unabhängigkeitsreferendum durchsetzen. Die SNP hoffte, dass sich der britische Premierminister Boris Johnson der Forderung nicht länger verweigern kann, wenn die Partei eine absolute Mehrheit im Parlament erreicht.
Der SNP gelang es, den Konservativen die beiden wichtigen Wahlkreise Edinburgh Central und Ayr abzunehmen. Auch den Wahlkreis East Lothian, der bisher in der Hand der linken Labour-Partei war, konnte sie für sich entscheiden. Regierungschefin Sturgeon wurde in ihrem Wahlkreis Glasgow Southside mit 60,2 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
Die SNP werde “die größte Partei im schottischen Parlament sein”, sagte Sturgeons Stellvertreter, John Swinney, dem Sender BBC Radio 4 am Samstag. Eine absolute Mehrheit sei jedoch schon immer ein Berg gewesen, dessen Besteigung “sehr, sehr schwierig ist”. Er gehe jedoch davon aus, dass im schottischen Parlament eine Mehrheit von Abgeordneten sitzen werde, “die sich für die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums einsetzen”.
Der britische Premier Johnson äußerte sich in einem Interview mit dem “Daily Telegraph” ablehnend zu einem möglichen Referendum: “Ich denke, dass ein Referendum im aktuellen Kontext unverantwortlich und leichtsinnig ist.”
Quelle: AFP