Vor der Befragung von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) vor überzogenen Erwartungen gewarnt. “Bei der Befragung von Angela Merkel und Olaf Scholz erwartet uns eher ein politisches Schauspiel, das zur Aufklärung wenig beitragen wird”, sagte SdK-Chef Daniel Bauer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Donnerstag).
Große Fehler sehe er vor allem bei den Abschlussprüfern von EY sowie der staatlichen Bankenaufsicht BaFin und der Staatsanwaltschaft München, sagte Bauer den RND-Zeitungen. “Weder Frau Merkel noch Herr Scholz waren aktiv in Entscheidungen der Behörden eingebunden”.
Die großen Fehler bei der Konstruktion der Bilanzüberwachung seien bereits in den Nullerjahren noch vor Merkels Amtszeit gemacht worden. Scholz sei auch erst in dieser Legislaturperiode Finanzminister, und decke damit nur einen geringen Teil der Jahre ab, in denen Wirecard die Öffentlichkeit und die Finanzmärkte betrogen habe.
“Interessant wird aus meiner Sicht vor allem sein, warum Frau Merkel sich nach einer negativen Einschätzung eines Mitarbeiters nicht von Wirecard fernhielt, sondern das Thema auf einer Chinareise ansprach”, sagte Bauer weiter. Spannend sei auch, ob Finanzminister Scholz gewusst habe, was sein Staatssekretär Jörg Kukies und die Finanzmarktaufsicht Bafin in Bezug auf Wirecard veranlasst hätten und ob Kukies darüber mit dem damaligen Wirecard-Chef Markus Braun gesprochen habe. “Große Fortschritte bei der Aufklärung dürfte dies aber nicht liefern”, wandte Bauer ein.
Finanzminister Scholz steht den Abgeordneten im Wirecard-Untersuchungsausschuss am Donnerstag Rede und Antwort; Merkel am Freitag. Wirecard hatte Ende Juni 2020 Insolvenz angemeldet und soll jahrelang die Bilanzen gefälscht haben. Der Untersuchungsausschuss soll die Vorkommnisse rund um den Münchner Zahlungsdienstleister aufarbeiten und insbesondere das Vorgehen der Bundesregierung und der ihr unterstehenden Behörden unter die Lupe nehmen.
Quelle: AFP