Fünfeinhalb Monate vor der Bundestagswahl hat sich AfD mit Forderungen nach einem Ende des Corona-Lockdowns und einem Austritt Deutschlands aus der EU klar gegen ihre politischen Gegner positioniert. Auf einem zweitägigen Bundesparteitag in Dresden berieten die Delegierten am Samstag ihr Bundestagswahlprogramm, in das nach einer hitzigen Debatte die Forderung nach dem EU-Austritt aufgenommen wurde. Die Spitzenkandidaten-Wahl wurde dagegen vertagt.
Der Parteitag entschied, die Frage der Bundestags-Spitzenkandidatur nicht vor Ort in Dresden zu klären. Sie wird somit wie von Parteichef Jörg Meuthen angestrebt per Mitgliederbefragung entschieden. Sieben Landesverbände, darunter alle fünf Ostverbände, hatten ursprünglich eine Klärung auf dem Parteitag angestrebt. Beschlossen wurde dort nun lediglich, dass die AfD wieder mit zwei Kandidaten ins Rennen gehen soll. Einen Antrag auf Abwahl Meuthens ließen die Delegierten mehrheitlich nicht als Tagesordnungspunkt zu.
Bei der Bundestagswahl 2017 hatten Alice Weidel und Alexander Gauland, die heutigen Bundestagsfraktionsvorsitzenden, das Spitzenduo gebildet. Weidel entschied sich am Samstagmorgen Berichten zufolge, auf dem Parteitag nicht als mögliche Spitzenkandidatin anzutreten. Ob sie bei einer Mitgliederbefragung ins Rennen geht, blieb zunächst offen.
Als Spitzenkandidat gesetzt gilt Ko-Parteichef Tino Chrupalla. Der aus Sachsen stammende Politiker ist eng vernetzt mit der Partei-Rechten und steht für die AfD im Osten. Das Lager um Meuthen setzt auf die hessische Bundestagsabgeordnete Joana Cotar. Sie würde in einem Team mit Chrupalla die westlichen Landesverbände und die wirtschaftsliberalen Kräfte in der Partei vertreten. Cotar sagte dem Sender Phoenix, sie stehe “selbstverständlich” zu Verfügung und gehe davon aus, dass sie gute Chancen habe.
Meuthen attackierte auf dem Parteitag die anderen Parteien scharf. Das Land werde seit 16 Jahren von einer Kanzlerin und Parteien regiert, die die “Normalität” in Deutschland Schritt für Schritt zerstört hätten. Die AfD geht mit dem Slogan “Deutschland. Aber normal” in den Bundestagswahlkampf. Meuthen griff neben der Union vor allem die Grünen an, die er als “treibende politische Kraft” bezeichnete.
Der AfD-Chef attackierte auch die Corona-Politik der Bundes- und Landesregierungen. Den regierenden Parteien falle nichts anders als “plumper und undifferenzierter Lockdown” ein. Mit großer Mehrheit beschloss der Parteitag eine Corona-Resolution. Darin fordert die AfD ein Ende des Lockdowns, die Frage des Infektionsschutzes solle den “mündigen Bürgern” überlassen bleiben. Den Regierenden wird eine “Politik der Angst” vorgeworfen. “Auch indirekter” Zwang zu Impfungen, aber auch zu Corona-Tests, werde abgelehnt.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) kritisierte die Forderungen scharf. Die AfD sei “eine Gefahr für unser Land”, schrieb Kretschmer auf Twitter. Wer Corona derart verharmlose, nehme viele Todesfälle in Kauf.
Nach einer hitzigen Debatte sprach sich auf dem Parteitag eine deutliche Mehrheit der Delegierten für einen EU-Austritt Deutschlands aus. Im Entwurf für das Wahlprogramm heißt es nun: “Wir halten einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und die Gründung einer neuen europäischen Wirtschafts- und Interessengemeinschaft für notwendig.” In dem Leitantrag für das Programm war ein Austritt dagegen nur als Option aufgeführt. Meuthen hatte vehement für eine Ablehnung der Änderung geworben.
Ko-Parteichef Chrupalla mahnte auf dem Parteitag angesichts der Stimmenverluste bei den jüngsten Landtagswahlen seine Partei zur Geschlossenheit. Er kritisierte den “innerparteilichen Kleinkrieg” der vergangenen Monate und forderte “Schluss mit dem Lagerdenken”. Die Lehre aus den Verlusten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sei, dass die AfD ein “klares Profil, Einigkeit, Mut und Geschlossenheit” brauche.
Quelle: AFP