Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hält eine Gesetzgebung zur Stärkung der Kompetenzen des Bundes im Kampf gegen die Corona-Pandemie für rasch machbar. Dies könne “schnell gehen, wenn die Beteiligten alle wollen”, sagte Schäuble am Donnerstagabend im ZDF. Die entsprechende Gesetzgebung zum Infektionsschutz lasse sich in den beiden nächsten Sitzungswochen “oder zur Not auch in einer Sitzungswoche” rasch verabschieden.
Laut Schäuble gibt es zwei Optionen für eine solche Gesetzgebung. Der Bundestag könne ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Bundesregierung ermächtige, bundeseinheitliche Regelungen für Corona-Maßnahmen zu erlassen. Dafür sei die Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Als zweite Option könne der Bundestag ein Bundesgesetz verabschieden, das “bestimmte Regeln für die Länder” verbindlich vorschreibt. Ein solches Gesetz müsse nicht von der Länderkammer genehmigt werden.
Schäuble plädierte im “heute journal” dafür, dass der Bundestag “nicht jedes Detail” regeln solle: “Das wäre jetzt sicher auch falsch.” Die Details der Corona-Maßnahmen müssten in den einzelnen Städten, Gemeinden und Landkreisen “immer noch auf die Situation ein Stück weit angepasst werden”. Aber wenn beispielsweise festgelegt werden solle, dass ab einer bestimmten Zahl von Infektionen bestimmte Maßnahmen ergriffen werden sollten, lasse sich das gesetzlich schnell regeln.
Im Bundestag gibt es eine Initiative von gut 50 Abgeordneten der Union, dem Bund mehr Kompetenzen in der Pandemie-Bekämpfung zu verschaffen. Ziel müsse sein, “dem Bund (zusätzlich) dieselben Handlungsmöglichkeiten zu geben wie den Ländern, nämlich durch Rechtsverordnung die Durchsetzung der nationalen Ziele des Infektionsschutzgesetzes zu gewährleisten”, heißt es in dem der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Papier, das von den CDU-Abgeordneten Norbert Röttgen, Yvonne Magwas und Johann Wadephul initiiert wurde.
Röttgen betonte, dass bei der Initiative Zeitdruck herrsche. “Die Zeit drängt”, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: “Je länger wir zuwarten, desto größer werden die Schäden.” Röttgen warf den Bundesländern Versagen in der Pandemie-Politik vor: “Die Ministerpräsidentenkonferenz ist dysfunktional geworden”, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, kritisierte jedoch den Vorstoß der Unionsabgeordneten. “Die aktuelle Ausbreitung der Infektionen lässt sich nicht dadurch stoppen, dass man jetzt einen Institutionen-Konflikt zwischen Bund und Ländern heraufbeschwört”, sagte Schneider der “Saarbrücker Zeitung”. In der aktuellen Infektionslage ein langwieriges Gesetzgebungsverfahren “zur Entmachtung der Länder” anzuzetteln, sei “alles andere als sinnvoll”.
Die Grünen zeigten sich hingegen offen für eine fraktionsübergreifende Initiative, um die Kompetenzen des Bundes beim Infektionsschutz auszuweiten. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte in der “Augsburger Allgemeinen”, die Ministerpräsidentenkonferenz habe es nicht vermocht, ein gemeinsames Vorgehen verbindlich zu verabreden: “Nun muss auf Bundesebene gehandelt werden.” Göring-Eckardt bot Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Regierungskoalition Gespräche zu dem Thema an: “Wir sind jederzeit bereit, auch kurzfristig im Bundestag zusammen zu kommen, um notwendige Beschlüsse zu fassen.”
Merkel hatte Ende März eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes ins Spiel gebracht, um dem Bund mehr Vollmachten zu verleihen. In der ARD-Sendung “Anne Will” kritisierte sie damals Lockerungsschritte auf Länderebene.
Quelle: AFP