Landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland sollen auch in diesem Jahr Erntehelfer aus dem Ausland gut drei Monate beschäftigen dürfen, ohne für sie Sozialversicherungsabgaben zahlen zu müssen. Das Kabinett beschloss die Ausweitung der kurzfristigen Beschäftigung von 70 auf 102 Tage wegen der Corona-Pandemie, wie Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) mitteilte. Kritik kam vom DGB.
Klöckner erklärte, die Ausweitung der kurzfristigen Beschäftigung sei ein Beitrag zur Pandemiebekämpfung. “Wenn ausländische Saisonarbeitskräfte länger in den Betrieben bleiben dürfen, reduziert das den Personalwechsel und die Mobilität.” Zugleich helfe es den Betrieben bei Ernte und Aussaat. So sei sichergestellt, dass die Bevölkerung auch dieses Jahr trotz Corona “gut mit heimischen Produkten versorgt” sei.
Die Ministerin betonte, gleichzeitig werde eine Meldepflicht zur Art der krankenversicherungsrechtlichen Absicherung eingeführt, “um sicherzustellen, dass kurzfristig Beschäftigte auch tatsächlich über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall verfügen”. Der Bundestag solle nach Ostern über die Ausweitung der kurzfristigen Beschäftigung beraten. Im vergangenen Jahr war die Regelung von März bis Oktober von 70 auf 115 Tage ausgedehnt worden.
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel warnte vor unverantwortbaren Zuständen bei der Ernte. “Eine ursprüngliche Ausnahmeregelung für Ferienjobs soll nun offenbar Standard für die Einstellung von Erntehelferinnen und Erntehelfern werden.” Piel forderte Nachbesserungen, sonst “bekommen wir in der Landwirtschaft die gleichen katastrophalen Zustände wie in der Fleischbranche”. Der Bundestag müsse die Regelung noch abwenden.
Auch die Grünen kritisierten die geplante Ausweitung als “Schlag ins Gesicht aller Saisonarbeitskräfte”. Ihre Arbeitsbedingungen seien schon vor der Corona-Krise miserabel gewesen; jetzt nutze die Bundesregierung die Gunst der Stunde, um die Beschäftigungsbedingungen weiter zu verschlechtern, erklärten Friedrich Ostendorff, Sprecher für Agrarpolitik, und Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte.
Quelle: AFP