Wenig Konsum, geringe Investitionen, hohe Infektionszahlen: Die Wirtschaftsforschungsinstitute IW und Ifo blicken wieder pessimistischer in das laufende Jahr und senken ihre Konjunkturprognose. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht für 2021 nur noch von drei statt vier Prozent Wachstum aus, das Ifo-Institut senkte seine Prognose von 4,2 auf 3,7 Prozent. Die Erholung der Wirtschaft hängt demnach entscheidend vom Infektionsgeschehen und vom Impfverlauf ab.
Grund für die gesenkte Prognose des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sei die “Ernüchterung” zum Ablauf des ersten Quartals, teilt das IW am Mittwoch mit. Das Institut begründete seine Anpassung unter anderem mit steigenden Infektionszahlen, dem damit verbundenen verlängerten Lockdown und der stockenden Impfkampagne.
Alles in allem kam die Wirtschaft demnach anders als zu Jahresbeginn erwartet nicht in Schwung, sondern das BIP ging zurück. Gemeinsam mit der erwarteten Infektionsgefahr im zweiten Quartal dämpfe dies die Erwartungen für 2021. Erst Anfang 2022 werde wieder Vorkrisenniveau erreicht, prognostizierte das IW.
Zuvor hatten bereits unter anderem die sogenannten Wirtschaftsweisen, die die Regierung beraten, und andere Wirtschaftsinstitute ihre Prognose für 2021 gesenkt. Dabei kristallisierte sich stets eine Spaltung der Volkswirtschaft heraus, die nun auch die IW-Experten erneut betonten. Während die Industrie wieder an Fahrt gewinne und kräftig nach China und in die USA exportiere, stehe der Dienstleistungssektor wegen der Lockdown-Maßnahmen “weitgehend still”.
Es komme nun entscheidend auf die Impfkampagne an, ob es im zweiten Halbjahr einen Wirtschaftsaufschwung geben werde, betonte das IW. “Wir müssen schnell impfen, um möglichen Resistenzen durch Mutationen zuvorzukommen”, sagte IW-Direktor Michael Hüther. Ein erneuter langer Lockdown wäre “ein teurer Rückschlag für Unternehmer und Einzelhändler”. Bislang hätten die Lockdowns 250 Milliarden Euro gekostet.
Das Münchner Ifo-Institut setzte für dieses Jahr ein Wachstum von 3,7 Prozent und für 2022 einen BIP-Zuwachs von 3,2 Prozent an. Gemessen an diesen Prognosen beliefen sich die Kosten der Corona-Krise auf der Grundlage der Wirtschaftsleistung von 2020 bis 2022 auf 405 Milliarden Euro, teilte das Ifo-Institut mit.
Die Corona-Krise “zieht sich hin und verschiebt den erwarteten kräftigen Aufschwung nach hinten”, erklärte Timo Wollmershäuser, Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen. Der weitere konjunkturelle Verlauf hänge nun entscheidend vom Fortgang des Infektionsgeschehens ab.
Deutlich optimistischer blickt hingegen das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in das laufende Jahr: Das IMK rechnet für 2021 mit einer “kräftigen Erholung” der Wirtschaft und einem BIP-Wachstum von 4,9 Prozent. Getrieben wird die Wirtschaft demnach vom Außenhandel und, besonders im kommenden Jahr, vom privaten Konsum. Für 2022 prognostiziert das IMK ein Wachstum von 4,2 Prozent.
“Medizinisch ist die Corona-Pandemie leider längst noch nicht besiegt und damit bleiben Risiken”, erklärte IMK-Direktor Sebastian Dullien. “Aber ökonomisch stehen die Zeichen nach dem harten Jahr 2020 erst einmal auf Entspannung.” Das liege vor allem an der Stabilisierungspolitik der Regierung und der großen Nachfrage in der Industrie.
Das IMK gestand aber ein, dass seine Prognose mit “erheblichen Unsicherheiten behaftet” sei, da schwer einzuschätzen sei, wie heftig eine dritte Corona-Welle werde. “Deshalb überwiegen zur Zeit eindeutig die zusätzlichen Risiken.”
Quelle: AFP